150 Jahre badische Münzprägung II

Eine Dokumentation in Schlaglichtern anhand von Dokumenten in der Badischen Landesbibliothek Teil II

Felix Geisler 11.9.2024 9.50 Uhr

DOI: https://doi.org/10.58019/249h-j407

Im ersten Teil  wurden die Anfänge der badischen Münzprägung bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts und allgemeine Informationen zur Art und Weise der Münzherstellung dargeboten. Nun wird hier im zweiten Teil ausgeführt, welche Bedeutung der Bibliotheksdirektor Wilhelm Brambach für die badische Münzsammlung spielte, wie es mit der Karlsruher Münzpräge weiterging und wo sich das Münzkabinett aus der ehemaligen Großherzoglichen Hofbibliothek heute befindet.

Wilhelm Brambach und das neue Sammlungsgebäude am Friedrichsplatz

Seit Mitte der 1850er-Jahre gab es Bestrebungen, die großherzoglichen Sammlungen mit der Bibliothek zusammen in einem repräsentativen Gebäude leichter zugänglich für die Bürgerschaft zu machen. Zum Jahreswechsel 1862/63 wurde das Bauprogramm und ein zugehöriges Preisausschreiben veröffentlicht, 1865 erfolgte schließlich der erste Spatenstich im südlichen Erbprinzengarten. Die Entwürfe fertigte der in Landesdiensten stehende Oberbaurat und Architekt Karl Joseph Berckmüller. Dieser hatte zuvor mit dem damaligen Direktor der Bibliothek Johann Christoph Döll eine Erkundungsreise nach London und Paris unternommen und sich über moderne Ausstellungskonzepte informiert.

Das Foto zeigt eine Abbildung des Sammlungsgebäude auf einer Postkarte vom Anfang des 20. Jahrhunderts.

Abb. 9: Abbildung des Sammlungsgebäudes auf einer Postkarte (Anfang 20. Jahrhundert). – zum Digitalisat

Verzögerungen beim Bau, unter anderem bedingt durch die Kriege 1866 und 1870/71 sowie größere Umplanungen, führten dazu, dass die Bibliothek nach achtjähriger Bauzeit ab 1873 schließlich in den noch unfertigen Neubau einzog. Zuvor war im Oktober 1872 der Altphilologe Wilhelm Brambach zum neuen Bibliotheksdirektor berufen worden. Er hatte zwar keinen Einfluss mehr auf die grundsätzliche Anlage und die doppelte Funktion des Gebäudes als Landesbibliothek und -museum, konnte aber die Raumaufteilung und die Innenausstattung noch entscheidend verändern. Erst Ende 1876 waren die Bauarbeiten am Gebäude größtenteils abgeschlossen.

Die Abbildung zeigt den Grundriss des ersten OG des Sammlungsgebäudes mit den Räumen des Münzkabinetts.

Abb. 10: Grundriss erstes OG des Sammlungsgebäudes mit den Räumen des Münzkabinetts. In: Ludger Syré: „Die Badische Landesbibliothek im Großherzoglichen Sammlungsgebäude am Friedrichsplatz. Eine Musterbibliothek?“ In: Badische Heimat 2 (2021), S. 242–258. – zum Digitalisat

Das Münzkabinett hatte jetzt drei Räume im Obergeschoss zur Verfügung: ein Arbeitszimmer, ein Münzzimmer (= Münzarchiv) und ein Münz-Ausstellungszimmer (siehe Abb. 10). Nun konnten relevante Teile der Sammlung, insbesondere die Geschichte der badischen Münzprägung, den Besuchern und Besucherinnen präsentiert werden. 

Die Abbildung zeigt zwei Titelblätter von Schriften zur badischen Münzsammlung von 1877 und 1886.

Abb. 11: Zwei Schriften zur Münzsammlung von 1877 und 1886

Unter Wilhelm Brambach setzte die wissenschaftliche Erschließung der Münzsammlung durch sorgfältige Inventarisierung und Katalogisierung ein. Zahlreiche Publikationen aus dieser Zeit zeugen davon (siehe Abb. 11). Besonders zu erwähnen sind darunter sein eigenes Werk mit dem Titel Geschichte und allgemeine Beschreibung des Münz-Cabinets (1877) sowie Die Grossherzoglich Badische Sammlung mittelalterlicher und moderner Münzen und Medaillen (1886) aus der Feder seines Mitarbeiters Hermann Wentz, beide Werke sind erschienen in der von Brambach begründeten Reihe Mittheilungen aus der Großherzoglich Badischen Hof- und Landesbibliothek . Nach seiner Versetzung in den Ruhestand als Bibliotheksdirektor 1904 führte Brambach seine Tätigkeit als Leiter des Münzkabinetts unvermindert bis 1921 fort. Die Periode im Kaiserreich unter Brambach und zugleich im neuen Sammlungsgebäude kann heute als die Glanzzeit des Münzkabinetts angesehen werden – weder davor noch danach hat eine ähnlich große Zahl an Wissenschaftlern und Besuchern sich mit der badischen Münzgeschichte beschäftigt.

Die Einführung der Reichswährung und der Münzbuchstabe G

Noch während des deutsch-französischen Krieges traten Ende 1870 die süddeutschen Länder Bayern, Württemberg und Baden sowie Teile Hessen-Darmstadts dem bereits bestehenden norddeutschen Bund bei. Mit dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung entstand im Januar 1871 das Deutsche Kaiserreich, und der preußische König Wilhelm I. wurde zum Kaiser proklamiert. Doch nach dieser Reichsgründung 1871 behinderten die unterschiedlichen Landeswährungen Handel und Verkehr im Deutschen Reich. Taler, Kreuzer, Heller, Groschen, Gulden, Schillinge, Mark, Pfennige, Groten, Schwaren und weitere Münzarten mit sehr unterschiedlichen Feingewichten in Kupfer, Silber und Gold existierten nebeneinander. Durch Gesetz vom 4. Dezember 1871 wurde mit der Reichsgoldmünze zu 10 Mark der Goldgehalt der neuen gemeinsamen Währung Mark festgelegt und dieser durch das Münzgesetz vom 9. Juli 1873 auf alle Münzen (auch die Silber- und Kleinmünzen) angewendet. 

Die Bundesstaaten des deutschen Kaiserreichs durften ab 1873 eigene Silbermünzen in den Nennwerten von zwei und fünf Mark sowie eigene Goldmünzen in den Nennwerten fünf, zehn und zwanzig Mark herausgeben: Auf der Bildseite konnte allerdings nur der Landesherr oder das Wappen der freien Städte Hamburg, Bremen und Lübeck abgebildet sein, und die Münze musste einen Perlkreis, das sind kleine hervorstehende Punkte am Münzrand, besitzen. Auf der Wertseite war nur der Reichsadler in einer bestimmten Gestaltung erlaubt. Kleinere Silbermünzen mit den Nennwerten 20 Pfennig, 50 Pfennig und eine Mark sowie Münzen zu einem, zwei, fünf und zehn Pfennig aus Kupfer bzw. Kupfer-Nickel waren einheitlich im ganzen Reichsgebiet zu prägen. Später wurden die 50 Pfennig-Stücke durch Halbmarkstücke abgelöst und man führte noch ein 25-Pfennig-Stück ein, außerdem ein 3-Mark-Stück, das dem Feingewicht des früheren Vereinstalers entsprach.

Die Abbildung zeigt Münzen des Deutschen Kaiserreichs aus der Karlsruher Münze von 1875 bis 1915.

Abb. 12: Münzen des Deutschen Kaiserreichs aus der Karlsruher Münze. Eigene Zusammenstellung

Die im Kaiserreich noch tätigen Münzprägestätten erhielten entsprechend ihrer Bedeutung einen Buchstaben zugeordnet, der zu Kenntlichmachung auf den Münzen verwendet wurde, von A = Berlin bis J = Hamburg. Die Prägestätte des Großherzogtums Baden in Karlsruhe verwendete den Buchstaben G.

Die Abbildung zeigt Münzen der Weimarer Republik aus der Karlsruher Münze von 1922 bis 1935.

Abb. 13: Münzen der Weimarer Republik aus der Karlsruher Münze.  Eigene Zusammenstellung

Nach dem Ende des ersten Weltkrieges und der Ausrufung der Republik 1918 prägte man weiter Münzen in Karlsruhe. Es wurden keine Kursmünzen mehr selbst gestaltet, vereinzelt aber noch Gedenkprägungen. Krisenbedingt kamen zwischenzeitlich sehr unedle Metalle wie Aluminium und Zink zum Einsatz. Während der galoppierenden Inflation 1922/1923 gab es Nennwerte (= Nominale) zu 200 und 500 Mark aus Aluminium, zuletzt dann nur noch Papiergeld, da man mit der Münzprägung nicht mehr nachkam. Nach Beendigung der Inflation durch eine Währungsreform und die Einführung der Rentenmark im November 1923 (vgl. hierzu auch den Blogartikel „Hyperinflation 1923 – Ein deutsches Trauma“) beruhigte sich das Geschehen und es wurden wieder regulär Reichsmünzen in Karlsruhe geprägt. Eine weitere Besonderheit der Weimarer Zeit stellt die 4-Pfennig-Münze dar, der sogenannte ‚Brüning-Taler‘ (vgl. Abb. 13, zweite Münze), benannt nach dem Reichskanzler Heinrich Brüning Anfang der 1930er-Jahre. Diese Münze sollte der deutschen Wirtschaftskrise am Ende der Weimarer Republik entgegenwirken – geprägt wurde sie ausschließlich im Jahr 1932.

Die Ära nach Wilhelm Brambach

Im Jahr 1922 trat Otto Konrad Roller, Historiker und Archivar, die Nachfolge Brambachs als Leiter des Münzkabinetts an. Er war bereits seit 1904 als Mitarbeiter im Münzkabinett beschäftigt und gründete 1919 die noch heute existierende Badische Gesellschaft für Münzkunde. Sein wissenschaftliches Interesse galt dem Mittelalter und der Fundabteilung. Roller konnte nicht verhindern, dass die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit am Münzkabinett in der Weimarer Zeit und im beginnenden Nationalsozialismus abnahmen. 

Nach seinem plötzlichen Tod im Jahr 1936 übernahm sein bisheriger Assistent Friedrich Wielandt die Leitung des Münzkabinetts, zugleich wurde es der Direktion des Badischen Landesmuseums unterstellt und kehrte nach mehr als sechzig Jahren in den früheren Bibliotheksbau des Karlsruher Schlosses zurück, einschließlich der zugehörigen numismatischen Literatur. Damit wurde die Münzsammlung aus der Badischen Landesbibliothek herausgelöst. Mit den meisten anderen Schätzen aus dem Schloss wurden die Münzen während des Zweiten Weltkrieges ausgelagert und entgingen so der Bombennacht im Jahr 1942, der nahezu der gesamte Buchbestand der Badischen Landesbibliothek zum Opfer fiel. Wielandt verfasste nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem er zunächst sein Amt verloren und es dann 1948 zurückerhalten hatte, das Standardwerk Badische Münz- und Geldgeschichte. Dieses erschien in erster Auflage 1955 und wurde zwei Mal überarbeitet (die 3. Auflage stammt von 1979).

Fazit

Die wechselvolle Geschichte des badischen Münzkabinetts ist über mehr als eineinhalb Jahrhunderte eng verknüpft mit der Badischen Landesbibliothek – das ist heute kaum mehr bekannt. Unter dem Direktor Wilhelm Brambach (Leiter des Münzkabinetts von 1872 bis 1922) konnte die Sammlung neu geordnet und in repräsentativen Räumen den Besuchern und Besucherinnen präsentiert werden, es wurde umfangreich dazu geforscht und es entstanden mehrere Publikationen. Heute sind die Münzen im Badischen Landesmuseum im Karlsruher Schloss zu sehen – ein Besuch lohnt sich…

 

Literatur

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