Karten zur biblischen Heilsgeschichte

Vom Garten Eden bis zur Wallfahrt nach Jerusalem

Jahrhundertelang war die Bibel nicht nur die wichtigste Schrift, sondern zugleich das größte Geschichtsbuch der Christenheit. Die exakte Verortung des Gartens Eden nahm in der Kartographie daher einen wichtigen Stellenwert ein. Einhergehend mit der Wiederentdeckung der antiken Geographie in der Renaissance und beeinflusst von den Entdeckungsfahrten der Seefahrer wurde es jedoch immer schwieriger, einen realen Ort dafür zu finden. Folglich verschwand das Paradies aus den neuen ptolemäischen Weltkarten.

Mit der Reformation fanden Karten ab dem 16. Jahrhundert dann Eingang in gedruckte Bibelausgaben. Martin Luther etwa verstand die Erzählung vom Paradies nicht als reines Sinnbild, sondern hielt an ihrer historischen Wahrheit und einer möglichen Lokalisierung des biblischen Geschehens fest. Um 1700 versuchte der Universalgelehrte Athanasius Kircher, die Handlungsorte der Bibel mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden genau zu bestimmen – darunter auch die exakte Lage des Paradieses. In seinem Buch über die Arche Noah widmete er sich bereits 1675 der Frage, ob das irdische Paradies von der Sintflut zerstört worden sei und wo es sich befunden haben könnte.

Neben der Visualisierung des Paradieses stellte auch die Wallfahrt nach Jerusalem ein wichtiges Thema innerhalb der christlichen Kartographie dar. Für europäische Christen war diese Pilgerreise ein bedeutendes Ziel ihres religiösen Lebens. Die heute noch vorhandenen Pilgerberichte, die vornehmlich von wohlhabenden und gebildeten Pilgern geschrieben wurden, beschreiben zumeist den Seeweg von Venedig aus nach Jaffa.

Von der beschwerlichen Reise nach Jerusalem berichten im 15. Jahrhundert u.a. der Konstanzer Patrizier Konrad Grünenberg (gest. 1494), der 1486 zu einer mehr als 20 Wochen andauernden Wallfahrt aufbrach, sowie der Mainzer Domherr Bernhard von Breidenbach (um 1440–1497), der von 1483 bis 1484 eine Pilgerreise unternahm. Den Bericht seiner Reise veranschaulichte er mit Bildern des Utrechter Malers Erhard Reuwich.

Lit.: Vgl. Ausst.-Kat. Fakten oder Fantasie?: Karten erzählen Geschichten! / Michael Recke, Michael Remmers, Corinna Roeder, Oldenburg 2017.

Wo liegt das Alte Testament?

Landkarte des Alten Testaments von Johann Andreas Liscov.

Landkarte des Alten Testaments
Aus: Johann Andreas Liscov: Paedagogia experimentalis
Augsburg, 1721

Diese Karte des Alten Testaments entstammt einem Lehrwerk des sächsischen Pädagogen Johann Andreas Liscov (1668-1738), das in mehreren Auflagen erschien. Die der Augsburger Jugend gewidmete Landcharte des Alten Testaments ist mit biblischen Szenen angereichert, um die Geschichte der Bibel besser zu vermitteln. 

Der reformatorische Gedanke, durch Landkarten die Geschichten der Bibel zu veranschaulichen und damit den Glauben zu stärken, führte seit dem 17. Jahrhundert zu einer Blütezeit der biblischen Kartographie.

Sammlung Remmers
zum Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek

Das Paradies – ein unerreichbares Ziel?

Gott segnet die paradiesische Schöpfung In: Biblia. Dat ys: De gantze Hillige Schrifft

Gott segnet die paradiesische Schöpfung
In: Biblia. Dat ys: De gantze Hillige Schrifft
Magdeburg, 1554

In der Frühen Neuzeit wurde es durch neue geographische Erkenntnisse immer schwieriger, auf der Erdkugel einen realen, aber zugleich unerreichbaren Ort für das Paradies zu bestimmen. Martin Luther hielt an der historischen Wahrheit der biblischen Schriften fest und war überzeugt, dass es den Garten Eden tatsächlich gegeben hatte, er jedoch durch den Sündenfall zerstört und seine Reste in der Sintflut vollständig ausgelöscht wurden.

Auf dieser Illustration der Luther-Bibel segnet Gottvater nach der Schöpfung das vollkommene Universum. Die Erde ist als paradiesische Landschaft dargestellt, in der Adam und Eva in Harmonie mit Pflanzen und Tieren leben.

Landesbibliothek Oldenburg, THEOL II A a 21

Karte des Paradieses Aus: Gerhard Mercator und Iodocus Hondius: Atlas minor

Karte des Paradieses
Aus: Gerhard Mercator und Iodocus Hondius: Atlas minor
Amsterdam, 1628

Auf dieser kolorierten Karte aus dem Atlas minor ist das Paradies nur sehr klein am Rand auf einer von Flussarmen umgebenen Landzunge angedeutet. Der Kartentitel Paradisus und die große Kartusche mit der Darstellung des Sündenfalls verdeutlichen jedoch das zentrale Thema der Karte. Laut der biblischen Beschreibung ergießen sich aus dem Paradies vier Ströme in die Welt: Euphrat, Tigris, Gehon und Physon. Gelehrte favorisierten die Vorstellung von einem einzigen Paradiesstrom, der sich in vier Arme teilt. Diese These traf auf das natürliche Flusssystem im babylonischen Tiefland zu und wurde hier visuell aufgegriffen.

Sammlung Remmers

Ansicht des Paradieses In: Athanasius Kircher: Arca Noë

Ansicht des Paradieses
In: Athanasius Kircher: Arca Noë
Amsterdam, 1675

Athanasius Kircher (1602–1680) war einer der größten Gelehrten des Barockzeitalters. Er übernahm Luthers Vorstellung, dass die Überreste des Paradieses durch die Sintflut zerstört worden seien und der Verlauf der Flüsse sich geändert habe, vermutete aber wie Calvin, dass sich der Garten Eden in Mesopotamien befunden habe. Auf dieser Karte rekonstruiert Kircher den Zustand des Paradieses vor und nach dem Sündenfall. Das quadratische Gartenareal ist inmitten der mesopotamischen Ebene platziert. Vom Gebirge fließen Euphrat und Tigris zum Paradies und vereinigen sich in einem See beim Baum des Lebens. Von dort nehmen die Flüsse Gehon und Physon ihren Ausgang. 

Landesbibliothek Oldenburg, GE III 1 B A 6
zum Digitalisat der Uni Freiburg

Variation zur Lage des verschollenen Paradieses In: Samuel Borchart: Geographia Sacra

Variation zur Lage des verschollenen Paradieses
In: Samuel Borchart: Geographia Sacra
Utrecht, 1692 

Die französischen Theologen Samuel Borchart (1599– 1667) und Pierre-Daniel Huet (1630–1721) entwickelten gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Thesen des Reformators Johannes Calvin zur Lokalisierung des Paradieses weiter. Borchart stellt das Paradies auf dieser Karte als baumreiche Landschaft zu beiden Seiten des vereinigten Stromes dar. Die Region Eden umfasst hier sowohl den Zusammenfluss von Euphrat und Tigris als auch den weiter südlich liegenden Bereich, an dem sich der Strom in zwei Arme teilt. Wie auch Huet vermutet Borchart das Paradies weit im Süden, wo Berichten zufolge die Schönheit und Fruchtbarkeit des Landes ebenfalls auf das frühere Paradies hinweisen.

Landesbibliothek Oldenburg, THEOL I D 50: 3

Jerusalem – Pilgerziel der Christenheit

Ansicht von Jerusalem In: Hartmann Schedel: Weltchronik

Ansicht von Jerusalem
In: Hartmann Schedel: Weltchronik
Augsburg, 1497

Die Weltchronik des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel (1440-1514) ist eine illustrierte Darstellung der Weltgeschichte und beinhaltet auch eine Ansicht der Stadt Jerusalem. Gezeigt wird hier die ideale kreisförmige Anlage der Stadt mit konzentrischen Mauerringen und dem Tempel Salomons im Zentrum. Der Tempel gibt in den Grundzügen die historische Form des Felsendoms wieder.

Schon durch die Namensform der Stadt hebt Hartmann Schedel die besondere Bedeutung Jerusalems als heilige Stadt und Zentrum der Christenheit hervor: Hierosolima (hieros: gr. heilig). 

Badische Landesbibliothek, 71 B 223 Ink
zum Digitalisat

Karte des Heiligen Landes und der Stadt Jerusalem In: Bernard von Breydenbach: Peregrinatio in Terram Sanctam

Karte des Heiligen Landes und der Stadt Jerusalem
In: Bernard von Breydenbach: Peregrinatio in Terram Sanctam
Speyer, 1502

Der Mainzer Domherr Bernhard von Breydenbach (um 1440–1497) unternahm in Begleitung des Malers Erhard Reuwich um 1484 eine Pilgerfahrt nach Jerusalem.

Die Karte des Heiligen Landes wurde im Anschluss auf drei Blättern gedruckt und zu einem langen gefalteten Bildstreifen zusammengeklebt. Sie ist geostet und zeigt Palästina von Tripolis im Norden bis Alexandria in Ägypten. Die architektonischen Details der Bauwerke Jerusalems sind äußerst realitätsgetreu wiedergegeben. Die Karte verbindet die Idee des Himmlischen Jerusalem mit der Ansicht der weltlichen Stadt des 15. Jahrhunderts. 

Landesbibliothek Oldenburg, CIM II 268
zum Digitalisat der Bayerischen Saatsbibliothek

Der Tempel von Jerusalem In: Jacques Basnage de Beauval: Le Grand Tableau de l'Univers, ou l'Histoire des Evenemens de L'Eglise, depuis la Creation du Monde jusqu'à L'Apocalypse de S. Jean

Der Tempel von Jerusalem
In: Jacques Basnage de Beauval: Le Grand Tableau de l'Univers, ou l'Histoire des Evenemens de L'Eglise, depuis la Creation du Monde jusqu'à L'Apocalypse de S. Jean 
Amsterdam, 1714 

Diese Rekonstruktion des Tempels von Jerusalem stammt aus dem erstmals 1704 erschienenen monumentalen Bibelwerk Le Grand Tableau de l’Univers. Ziel des Juristen und Theologen Jacques de Basnage (1653–1723) war es, einem breiten Publikum biblische Ereignisse vor Augen zu führen. In dieser Ansicht ragt der Tempelberg zentral über die Stadtmauer von Jerusalem auf. Winzig klein sind daneben die menschlichen Figuren wiedergegeben, die z.T. durch türkische Kostüme auffallen. Die Brücke vom Tempel zum Palast Salomons wurde in frühneuzeitlichen Staatstheorien häufig als Einheit von Thron und Altar interpretiert.

Landesbibliothek Oldenburg, THEOL II A n 15
zum Digitalisat der Universität Marburg

 

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