Vom antiken Weltbild zur Karte

Auf den Spuren von Aristoteles und Ptolemäus

Schon in der Antike versuchten die Menschen, die Bewegungen am Sternenhimmel und auf der Erde zu begreifen und in ein logisches Weltbild zu überführen. Der griechische Universalgelehrte Aristoteles war bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. davon überzeugt, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel sei. Das Bild von der Welt als sich bewegende Kugel stieß allerdings auf Unverständnis. Man vermutete vielmehr, dass sich die Erde fest im Zentrum der Welt befinde und alle übrigen Himmelskörper um die Erde kreisten. 

Nach Ansicht des griechischen Gelehrten Claudius Ptolemäus (um 100–nach 160) bildete die Erde den Mittelpunkt des Himmelgewölbes, welches sich wie eine Kugel drehe. Er entwickelte das sog. ptolemäische oder geozentrische Weltbild, bei dem die Erde im Zentrum des Universums steht und von Sonne, Mond und Planeten umkreist wird. Bis zur Herausbildung des heliozentrischen Weltbildes, bei dem die Sonne als Zentrum der Welt gilt, sollte es noch lange dauern.

Die späteren Weltkarten des Mittelalters wollten kein exaktes geographisches Bild der Erde wiedergeben, sondern das historische und theologische Wissen jener Zeit vermitteln. Die bisher bekannte Welt stellte man als Scheibe oder Rundkarte mit dem Zentrum Jerusalem dar. Die am Ende des 13. Jahrhunderts entstandene Hereford-Karte ist die größte, heute noch vollständig erhaltene mittelalterliche Weltkarte. Diese sog. mappa mundi zeigt die Kontinente Asien, Europa sowie Afrika in dem im Mittelalter üblichen T-O-Schema, bei dem die Welt in einem Kreis (= Erdkreis: O) eingeschlossen ist und durch ein T in die drei Erdteile Asien, Afrika und Europa eingeteilt wird. Außerhalb der Karte ist Christus beim Jüngsten Gericht gezeigt. Geographie wurde hier also mit christlicher Heilsgeschichte verknüpft. Deutlich wird an den Weltkarten des Mittelalters der Wissensverlust im Vergleich zum Wissensstand der Antike.

In der Frühen Neuzeit begann dann die Entwicklung der europäischen Geographie mit der Wiederentdeckung der antiken Schriften des griechischen Gelehrten Claudius Ptolemäus. So findet sich auch in der Weltchronik des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel (1440–1514) eine Weltkarte nach Ptolemäus. Die Entwicklung des Buchdrucks beförderte die Verbreitung des Wissens. Die erste Übersetzung von Ptolemäus Geographia erschien 1475 in Italien.

Lit.: Vgl. Ausst.-Kat. Fakten oder Fantasie?: Karten erzählen Geschichten! / Michael Recke, Michael Remmers, Corinna Roeder, Oldenburg 2017.

Biblische Geographie – Steht das Weltende bevor?

Karte der Vision des Propheten Daniel. Die Kontinente Afrika, Asien und Europa sind unförmig miteinander verschmolzen. Drachen und andere überdimensionale Tiere bewegen sich auf dem Land.

Karte der Vision des Propheten Daniel
In: Martin Luther: Der Prophet Daniel. Deudsch.
Lübeck, 1534

1529 begann Martin Luther mit der Übersetzung des Buches Daniel. Die beigefügte Karte zeigt die drei Kontinente der Alten Welt, gedeutet auf die Vision des Propheten Daniel. Diese erblickte vier Tiere: Ein Löwe mit Adlerflügeln symbolisiert das babylonische Reich, ein Bär das Meder- oder Perserreich, ein Leopard mit vier Köpfen das Reich Alexanders des Großen und ein starkes Tier mit eisernen Zähnen und zehn Hörnern das Römische Reich. Dieses Tier besiegt die anderen; ihm wächst ein elftes Horn mit Mund und Augen.

Nach christlicher Auffassung folgt auf den Untergang des letzten Weltreiches die Apokalypse. Luther fürchtete, dass sich die Prophezeiung erfüllen und das Weltende bevorstehen würde.

Badische Landesbibliothek, 109 B 71009

Weltkarten – Von Isidor von Sevilla bis Sebastian Münster

Etymologiae von Isidor von Sevilla mit großen roten Initalen.

Isidor von Sevilla: Etymologiae
Augsburg, 1472

Die Etymologiae sind eine um 623 entstandene Enzyklopädie des Isidor von Sevilla, in der dieser das zu jener Zeit noch vorhandene Wissen der Antike zusammenfasste. Er versuchte, das gesamte weltliche und geistliche Wissen seiner Zeit zu vereinen. Bei der Beschreibung des Erdkreises greift er auf das im Mittelalter gängige TO-Schema zurück: Der Erdkreis ist durch die T-förmig angeordneten Gewässer Don, Mittelmeer und Nil in die drei Teile Asien, Europa und Afrika unterteilt. Das O steht für den Ozean, welcher den kompletten Erdkreis umgibt.

Badische Landesbibliothek, Dg 179
zum Digitalisat

Runde Karte von Marino Sanudo.

Kombination von Welt- und Seekarte
In: Marinus Sanudo: Gesta dei per Francos, sive orientalivm expeditionvm, et regni Francorvm Hierosolimitani historia
Hannover, 1611

In dieser Nachzeichnung einer Manuskriptkarte aus Marino Sanudos Buch der Geheimnisse für wahre Kreuzfahrer aus dem Jahr 1321 sind die Merkmale mittelalterlicher Karten gut nachvollziehbar: Die Karte ist nach Osten ausgerichtet, Jerusalem ist das Zentrum der Welt und die vom Ozean umgebenen Erdteile Asien, Afrika und Europa geben die damalige Weltvorstellung wieder.

Die Besonderheit dieser Karte ist das aus den Windrichtungen konstruierte Linien- oder Rumbennetz. Der italienische Kartograph Pietro Vesconte, der diese Karte fertigte, war einer der besten Seekartenhersteller des 14. Jahrhunderts.

Landesbibliothek Oldenburg, GE III 1 C 75: 1-2
zum Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek

Cosmographia von Claudius Ptolemäus: Feinteilige Weltansicht auf Doppelseite, um die Karte rum schweben blonde Köpfe die teilweise auf die Karte pusten.

Claudius Ptolemäus: Cosmographia
Ulm, 1482

In der Cosmographia gab der griechische Geograph und Astronom Claudius Ptolemäus bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. eine Anleitung zur kartographischen Darstellung der zu diesem Zeitpunkt erforschten Welt. Neben einer Projektionslehre enthielt sein Werk auch die Namen und Koordinaten von rund 8.000 damals bekannten Orten.

Beigefügt war ein Atlas, der in der handschriftlichen Überlieferung des Mittelalters verloren ging. Zu der 1406 erstellten lateinischen Übersetzung zeichnete Nicolaus Germanus nach den Angaben des Ptolemäus eine Weltkarte und 26 Einzelkarten, die zusammen mit dem antiken Text erstmals 1471 in Bologna gedruckt wurden.

Badische Landesbibliothek, 42 C 32 Ink
zum Digitalisat

Weltchronik von Hartmann Schedel auf einer Doppelseite. Am linken Rand finden sich sieben Abbildungen von menschlichen Chimären.

Hartmann Schedel: Weltchronik
Nürnberg, 1493

Die Weltchronik des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel (1440-1514) ist eine illustrierte Darstellung der Weltgeschichte und zählt zu den bedeutendsten Druckwerken des 15. Jahrhunderts. Beeinflusst durch den griechischen Geographen Ptolemäus, dessen Schriften im 15. Jahrhundert eine Renaissance erlebten, stellte auch Schedel den Indischen Ozean von einer Landmasse umgeben und somit als Binnenmeer dar. Bemerkenswert ist die Genauigkeit der Umrisse der einzelnen Kontinente und des Nord-Süd-Verlaufs des Nils.

Die Ergebnisse der Entdeckungsreisen von Bartolomeu Dias und Christoph Kolumbus wurden in der Darstellung nicht berücksichtigt.

Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Kb 22
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Europakarte von Sebastian Münster.

Europakarte
In: Sebastian Münster: Cosmographey oder beschreibung aller länder, herrschafften, fürnemsten stetten, geschichten, gebreüche ...
Basel, 1564

Sebastian Münster (1488–1552) gilt als Begründer der Kartographie in Deutschland. Seine erstmals 1544 erschienene Cosmographia, an der er insgesamt 20 Jahre lang gearbeitet hatte, vereint Geographie mit zahlreichen Geschichten. 

Neben Karten und Stadtansichten finden sich darin detaillierte Beschreibungen von Ländern, Sitten und exotischen Fabelwesen. Münster fasste das geographische und historische Wissen seiner Zeit zusammen und legte einen Schwerpunkt auf die Kartographie von Deutschland und Mitteleuropa. Bis 1628 wurde dieses Werk in insgesamt 46 Ausgaben herausgegeben.

Badische Landesbibliothek, 98 B 76217 RH
zum Digitalisat

Titelseite des "Itinerarivm Sacrae Scriptvrae" mit roter und schwarzer Tinte.

Europa in Gestalt einer Königin
In: Heinrich Bünting: Itinerarivm Sacrae Scriptvrae, Das ist: Ein Reisebuch vber die gantze heilige Schrifft: in zwey Bücher getheilet
Magdeburg, 1589

Das mit zahlreichen phantasievollen Illustrationen und emblematischen Figuren ausgestattete Werk Itinerarium Sacrae Scripturae des protestantischen Theologen Heinrich Bünting (1545–1606) erfreute sich bei seinen Zeitgenossen großer Beliebtheit, obwohl das zugrundeliegende Weltbild zu jener Zeit bereits überholt war.

Enthalten ist in dem Band u.a. auch eine Karte Europas in Form einer anthropomorphen Darstellung einer liegenden Königin. Bünting betrachtete diese Gestaltungsweise als optimale Möglichkeit für eine dauerhafte Einprägung der topographischen Verhältnisse Europas.

Württembergische Landesbibliothek, Kirch. G. fol. 109
zum Digitalisat der Landesbibliothek Coburg

Atlanten – Tragbares Wissen zum Mitnehmen

Atlas Geographique von Giovanni Antonio Rizzi Zannoni: Runde Karte die Nord- und Südamerika abbilden

Giovanni Antonio Rizzi Zannoni: Atlas Geographique
Paris, 1762

Bis ins 16. Jahrhundert nahm Italien innerhalb der europäischen Kartenproduktion einen Spitzenplatz ein. Mit dem Zeitalter der Entdeckungen durch spanische und portugiesische Seefahrer geriet Italiens Führungsposition dann allerdings ins Wanken.

Im 18. Jahrhundert gab der italienische Militärgeograph Giovanni Antonio Rizzi Zannoni (1736–1814) diesen handlichen Taschenatlas mit zahlreichen Illustrationen heraus. Seit 1753 war er als Kartograph in militärischen Diensten europaweit tätig. Er lebte ab 1758 in Paris und kehrte erst 1776 nach Padua zurück. Dort war er der erste, der eine neue kartographische Aufnahme Italiens fertigte. Noch in Paris erschien 1762 sein Taschenatlas mit 31 Karten.

Badische Landesbibliothek, 118 E 3229 R
zum Digitalisat

Atlas geographicus portatilis von Tobias Conrad Lotter.

Tobias Conrad Lotter: Atlas geographicus portatilis
Augsburg, 1762

Dieser kleine Taschenatlas des Augsburger Kartographen und Verlegers Tobias Conrad Lotter (1717–1777) besticht durch seine zahlreichen kolorierten Kupferstiche. Neben einer Weltkarte und einer Himmelskarte sind in dem Atlas 37 Karten europäischer Länder enthalten.

Seit der Heirat 1740 mit der ältesten Tochter von Matthäus Seutter (1678–1757) war Lotter in dessen Werkstatt in Augsburg tätig. Von 1740 bis 1744 schuf Lotter den Atlas Minor. Nach Seutters Tod im Jahr 1757 führte Lotter dessen Werkstatt erfolgreich weiter.

Badische Landesbibliothek, 118 E 3269 R
zum Digitalisat

 

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