Der „Apothekenflügel“ des Schlosses
Erstes Domizil der Karlsruher Hofbibliothek als öffentliche Einrichtung
94 Schuhe lang und 48 Schuhe breit war der mit 20 Fenstern beleuchtete Büchersaal in einem Nebengebäude hinter dem rechten Pavillon des Schlosses. Auf Albrecht Friedrich von Kesslau (1726‒1789), dem Markgrafen Karl Friedrich seit frühester Jugend als Edelknabe und Reisebegleiter vertraut und seit 1752 Baudirektor am Hof in Karlsruhe, geht dessen mehrteilige Anlage mit Nebengebäuden zurück, also auch der östlich gelegene Apothekenflügel, in dessen erstem Obergeschoss 1765 die Hofbibliothek eingerichtet wurde.
Molters Beschreibung der Hofbibliothek erläutert: Zu beiden Seiten eines Ganges waren zwölf offene Kammern abgeteilt, in denen die Bücher standen. In der Mitte des Saales unter einer mit Stuck verzierten Kuppel stand ein langer, mit Metall eingefasster und mit schwarzem Leder überzogener Tisch für die Leser. Außerdem war die Bibliothek mit barocken Marmor- und Bronzebüsten nach antiken Vorbildern sowie einem Erd- und einem Himmelsglobus von Johann Christoph Dibold geschmückt.
Schon mit der Überführung der Rastatter Hofbibliothek nach Karlsruhe 1771 und der Vereinigung der Durlacher und Rastatter Bestände zur Bibliotheca Carolo Fridericiana war der Stellplatz aufgebraucht. Aber die Bibliothek wuchs in den kommenden Jahrzehnten weiter und weiter. Sie konnte sich zwar auf weitere Räume im Apothekenflügel ausdehnen, doch fehlte ihr für eine benutzungsfreundliche Aufstellung schlichtweg die Luft. Die Kunstwerke mussten schon 1850 weichen, sie befanden sich später im Schloss Baden-Baden und wurden 1995 bei Sotheby’s versteigert.
Hundert Jahre nach ihrer Gründung als öffentliche Bibliothek zog die Hofbibliothek um in das neu erbaute Sammlungsgebäude am Friedrichsplatz. Eine Zeit lang nutzte die großherzogliche Familie die früheren Bibliotheksräume als Wohnbereich. Später zog das Scheffel-Museum ein. Fotos aus den 1930er Jahren lassen unzweifelhaft erkennen, wie klein dimensioniert die Bibliothek im Schloss gewesen ist.
Östliches Nebengebäude des Karlsruher Schlosses.
Fotograf unbekannt. Um 1930.
Landesamt für Denkmalpflege Karlsruhe, RP KA 3793
Mit freundlicher Genehmigung des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart
Friedrich Molter:
Die Großherzogliche Hofbibliothek.
[Karlsruhe], 1838.
1817 wurde Friedrich Molter (1775–1842), ein Sohn Friedrich Valentin Molters, zum Hofbibliothekar berufen. Er war bereits seit 1801 an der Bibliothek tätig. In diesem Manuskript gibt er einen Abriss zur Entwicklung der Hofbibliothek, beschreibt die Bestände und schätzt ihren Umfang auf mittlerweile 70.000 Drucke und 1.000 Handschriften.
Badische Landesbibliothek, Cod. Karlsruhe 2047
Zum Digitalisat
Grundriss der Hofbibliothek im Obergeschoss des Schloss-Nebengebäudes entsprechend der Beschreibung von 1838.
In: Bibliotheksbau heute : überarbeitete und ergänzte Fassung der Vortragsfolge vom Januar und Februar 1980 aus Anlaß des Wettbewerbs für den Neubau der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe / hrsg. von Rolf Fuhlrott. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1981.
Badische Landesbibliothek, 82 A 4826
Carlsruhe, von dem Bleithurme aus gesehen.
Stahlstich von Louis Hoffmeister.
In: Das Großherzogthum Baden in malerischen Original-Ansichten … / nach der Natur aufgenommen von verschiedenen Künstlern, und in Stahl gestochen von Johann Poppel im Vereine mit den ausgezeichnetsten Stahlstechern unserer Zeit.
Darmstadt: Lange, 1850.
Der Blick aus den Fenstern des Bibliothekssaals bot denselben Prospekt der Stadtsilhouette über den Schlossplatz hinweg, allerdings aus niedrigerer Höhe.
Badische Landesbibliothek, O 49 A 214a RH
Zum Digitalisat
Östliches Nebengebäude des Schlosses von Albrecht Friedrich von Kesslau.
Fotografie. Um 1930. Fotograf unbekannt.
Museum für Literatur am Oberrhein, Scheffel-Archiv 1366
Mit freundlicher Genehmigung des Museums für Literatur am Oberrhein
Ehemaliger Bibliothekssaal im Schloss.
Bücherkammern VII, VIII und IX mit den Einrichtungen des Scheffelmuseums als Nachnutzer. Fotografien. Um 1930. Fotograf unbekannt.
Museum für Literatur am Oberrhein, Scheffel-Archiv 1368 und 1369
Mit freundlicher Genehmigung des Museums für Literatur am Oberrhein
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