Sexualwissenschaft
Maren Krähling
Hirschfeld, Magnus:
Sexualpathologie. Ein Lehrbuch für Ärzte und Studierende.
Bd. 2: Sexuelle Zwischenstufen. Das männliche Weib und der weibliche Mann.
Bonn: Marcus & Weber, 1918.
Magnus Hirschfeld (1868–1935) gilt als einflussreichster Sexualwissenschaftler seiner Zeit. Er widmete sich dem Kampf gegen die Diskriminierung von sexuellen Minderheiten, gründete zahlreiche Zeitschriften und gab grundlegende Werke heraus. Hirschfeld ging davon aus, dass Homosexualität angeboren sei und eine persönliche Verantwortung und damit Bestrafung ausschließe. Die Risiken der Pathologisierung, die sich aus dieser Haltung ergaben, unterschätzte er jedoch.
Das 1919 von ihm in Berlin gegründete „Institut für Sexualwissenschaft“ war ein Treffpunkt der aus dem kulturellen Rahmen Fallenden jener Zeit. 1933 wurde es von den Nazis geschlossen, Hirschfeld selbst starb 1935 im Exil in Nizza. Im zweiten Band seines Werks Sexualpathologie schreibt er seine Theorie der Zwischenstufen zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit fort. Sie zeigte in der von starken Stereotypisierungen geprägten Geschlechterordnung seiner Zeit die Verschiedenheit von Menschen auf und wird auch heute noch in der Queer Theory rezipiert.
Badische Landesbibliothek, 117 E 2992,1/2
zum Digitalisat der HU Berlin
Kisch, Enoch Heinrich:
Die sexuelle Untreue der Frau. Eine sozial-medizinische Studie.
Bonn : Marcus & Weber.
Bd. 1: Die Ehebrecherin. 3. vermehrte Auflage, 1918.
Bd. 2: Die sexuelle Untreue der Frau. 1. Auflage, 1918.
Enoch Heinrich Kisch (1841–1918) war ein Balneologe (Bäderkundler) und Gynäkologe, dessen Forschungen und ärztliche Tätigkeit noch heute in der Pflege wirken. In Die sexuelle Untreue der Frau legitimiert er den männlichen Ehebruch und begründet mit der Andersartigkeit der Frau, dass deren Treuebruch nicht zu rechtfertigen sei. Damit reiht er sich ein in die gängige Meinung des ausgehenden Kaiserreichs, die von Antifeminismus sowie der Stereotypisierung und Festlegung der Geschlechter durch scheinbar im Medizinischen begründete Geschlechtscharaktere geprägt war.
Badische Landesbibliothek, 117 E 2521,1/2
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Eiert, Helene:
Männerschande – Frauenknechtschaft. Die Prostitution vom Standpunkte der Frau. Ein offenes Wort an die Männer.
Graz: Volksheil, 1918.
Die Kieler Schriftstellerin Helene Eiert (geb. 1877) war eine Protagonistin der Sittlichkeitsbewegung als einem Flügel der Frauenbewegung um 1900. In Männerschande prangert sie die Doppelmoral an, der Frauen zu dieser Zeit ausgesetzt waren. Sie plädiert für eine „heilige Pflicht, aus unseren Männern wieder Menschen“ zu machen. Dabei attestiert sie ein moralisches Defizit der Männer im Gegensatz zum ethischen Stand der Frauen – in Abgrenzung zu Bewegungen in Russland und Frankreich setzt sie sich jedoch nicht für deren Möglichkeit ein, ebensolche sexuellen und moralischen Freiheiten wie die Männer auszuleben, sondern plädiert dafür, die Männer wieder auf einen tugendhaften Pfad zu führen. Dies sieht sie durchaus als völkische Pflicht an, für ein „reines, starkes und mächtiges“ Deutschland. Das Problem der Prostitution verortet sie nicht bei den Frauen, sondern bei den Männern.
Badische Landesbibliothek, 117 H 841
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Lorand, Arnold:
Das rasche Altern der Frauen nach gewissen Schädlichkeiten.
Wien, Leipzig: Perles, 1918.
Arnold Lorand (1865–1943) war ein bekannter Arzt und Verjüngungsmediziner in Karlsbad. Sein populäres Handbuch Über das Altern erschien von 1909 bis 1919 in sechs Auflagen. Daraus entnahm er für das vorliegende Werk frauenspezifische Thesen.
Als Faktoren für vorzeitiges weibliches Altern benennt er Rauchen, Unterernährung, Diäten und Abführmittel. Aber auch Make-up sowie Verhütung durch Kondome, Pessare, Schwämmchen und vorzeitig abgebrochenen Geschlechtsverkehr ordnet er als schädlich für den weiblichen Körper ein. Als Alternative empfiehlt er Steuererleichterungen ab dem fünften Kind sowie eine körperliche und geistige Untersuchung vor Eheschließungen, um Frauen von diesen auszuschließen, deren Gesundheit durch Schwangerschaft oder Geburt gefährdet sein könnte.
Badische Landesbibliothek, 118 H 32
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