Fotografie in der frühen Fliegerei
Vom ersten Tag an begleiteten Fotografen die Flugpioniere. Die Techniken der Luftfahrt und der Fotografie etablierten sich fast zeitgleich. Doch leicht war es nicht, Flugobjekte am Himmel zu fotografieren. Hatte der Fotograf das Flugzeug genau vor der Linse, war es im nächsten Moment nur noch ein kleiner Fleck am Horizont. Abdrücken im richtigen Moment war ebenso schwierig wie das Fotografieren aus einem Flugzeug heraus: Angesichts der starken Vibrationen garantierte eine ruhige Hand allein kein scharfes Bild.
Als den US-amerikanischen Gebrüdern Wright im Jahr 1903 der erste gesteuerte Motorflug gelang, hatte der deutsche Apotheker Julius Neubronner (1852–1932) bereits eine 40 Gramm leichte Kamera für Brieftauben entwickelt. Die Vögel machten damit passable Luftaufnahmen. Mithilfe eines pneumatischen Mechanismus wurde die Zeitverzögerung der Kamera vor der Aufnahme geregelt.
Bilder vom Fliegen, vom Boden oder aus der Luft geschossen, erfreuten sich in der Bevölkerung großer Beliebtheit. Der Bildjournalismus etablierte sich. Die Fotografen blieben jedoch in vielen Fällen unbekannt. Eine Ausnahme bildet der französische Fotograf Nadar (1820–1910). Er machte 1858 aus einem Fesselballon heraus die erste Luftaufnahme der Weltgeschichte. Nicht immer standen professionelle Fotografen hinter der Kamera. John Daniels (1873–1948), der das Foto des ersten Motorflugs der Gebrüder Wright schoss, betätigte als Zuschauer einfach genau im richtigen Moment den Auslöser. Auch der Franzose Jacques-Henri Lartigue (1894–1986) knipste, gerade einmal zehn Jahre alt, ohne Vorkenntnisse sein erstes Bild von einem Gleitflugzeug.
Heribert Trotz – Spektakuläre Luftbilder
Heribert Trotz
Spektakuläre Luftbilder
München 1976
121 F 2135
Die Fliegerei eröffnete eine völlig neue Sicht auf die Welt. Boden-Luft-, Luft-Boden- und Luft-Luftfotografien faszinierten die Menschen. So entstanden teils spektakuläre Bilder. Wie hier bei der Beobachtung eines von den Gebrüdern Wright gebauten Flugzeugs über Berlin im Jahre 1914, zogen Flugzeuge die Schaulustigen überall an. Der sogenannte Pfalz-Eindecker auf dem benachbarten Bild war neben den Eindeckern aus den Fokker-Werken das erste rein für diesen Zweck konstruierte deutsche Jagdflugzeug.
Helmut Erfurth – Im Rhythmus der Zeit
Helmut Erfurth
Im Rhythmus der Zeit: Hugo Junkers […] in Dessau
Dessau 1994
121 F 2262
Aufnahmen aus der Luft von prominenten Sehenswürdigkeiten, hier beispielsweise Köln mit seinen markanten Bauwerken, verdeutlichen die spektakulären Motive, die von Flugzeugen aus möglich wurden. Die Fotografie erschloss sich durch die Fliegerei ganz neue Perspektiven, etwa auf die Rheinbrücken, den Kölner Dom oder die Sportstadien. Bedeutsam waren Luftaufnahmen auch für die Kartografie: Die Vermessung aus der Luft erlaubte es nun, sehr viel genauere Landkarten zu erstellen, als es bisher möglich gewesen war.
Peter Almond – Aviation
Peter Almond
Aviation – Die Anfänge der Luftfahrt
Köln 1997
121 F 2002
Das Zusammenspiel der zwei jungen Technologien Fliegen und Fotografie bot auch neue Möglichkeiten für die Kriegsführung. Durch Luftaufnahmen der Landschaft gelangte man an strategisch wichtige Informationen, wie beispielsweise Truppenbewegungen, Transportrouten und dergleichen. Als Antwort darauf etablierte sich das Jagdflugzeug, dessen Aufgabe es in erster Linie war, feindliche Aufklärer bei der Luftspionage zu behindern. Die Abbildungen aus dem Ersten Weltkrieg zeigen die flämische Stadt Ypern nach einem starken Artilleriebeschuss sowie Teile der sogenannten Hindenburglinie in Nordfrankreich.
Wolfgang Behringer / Constance Ott-Koptschalijski – Der Traum vom Fliegen
Wolfgang Behringer / Constance Ott-Koptschalijski
Der Traum vom Fliegen. Zwischen Mythos und Technik
Frankfurt 1991
121 F 2015
Am 19. September 1783 startete im Hof des Schlosses von Versailles ein Versuchsflug mit einer Montgolfière, einem Heißluftballon. Die Faszination für die beginnende Luftfahrt hatte auch die Oberschicht erfasst: In diesem Fall schauten sogar König Ludwig der XVI. und Königin Marie-Antoinette zu, wie der Ballon in den Himmel emporstieg. Zunächst hatte er nur drei Tiere an Bord. Doch schon zwei Monate später, am 21. November 1783, fand die erste bemannte Ballonfahrt der Geschichte statt. Das Ereignis wurde in zahlreichen Zeichnungen und Bildern verewigt.
Rudolf G. Binding – Unsterblichkeit
Rudolf G. Binding
Unsterblichkeit
Potsdam 1942
121 F 2106
Zarathustra / Paul Georg Ehrhardt
Palmström als Flieger
Frankfurt 1942
121 F 2093
Rudolf Bindings (1867–1938) Unsterblichkeit erzählt die Geschichte einer Jagdstaffel im Ersten Weltkrieg. Deren Führer – wohl Manfred von Richthofen nachempfunden – quartiert sich und seine Leute in einem flämischen Herrensitz ein und beginnt eine Beziehung mit der Tochter der Besitzer. Wie viele von Bindings Werken strotzt auch dieses von nationalistischem und soldatischem Pathos. Während des Zweiten Weltkrieges waren Binding und seine Erzählungen Teil der nationalsozialistischen Propaganda, was Binding bereitwillig zuließ.
Zarathustra / Paul Georg Ehrhardt – Palmström als Flieger
Palmström ist eine literarische Figur aus der Feder des Dichters Christian Morgenstern (1871–1914), die er 1910 erfand. Um ihn herum entwarf er merkwürdige, paradoxe oder unwahrscheinliche Fliegerabenteuer. Die Verfasserfiktion passt zum literarisch-fliegerischen Scherz: Die Verfasser bezeichnen sich mit Pseudonymen, die auf Friedrich Nietzsches (1844–1900) berühmtes Werk sowie den Kirchenliederdichter Paul Gerhardt (1607–1676) anspielen. Sprachstil wie Zeichnungen nehmen bekannte kulturelle Muster auf und „aviatisieren“ sie.
Felix Philipp Ingold – Literatur und Aviatik
Felix Philipp Ingold
Literatur und Aviatik.
Europäische Flugdichtung 1909–27
Basel / Stuttgart 1978
121 F 2357
Ingolds Buch war eine Zäsur für die deutsche Literaturwissenschaft. Erstmals wurden hochliterarische Texte über Luftfahrt – von Hesse über Kafka zu Rilke – systematisch analysiert und in kulturelle Kontexte gestellt. Bereits seit den 1960er Jahren befasste sich die Literaturwissenschaft immer stärker mit themenspezifischer Literatur im technischen Zeitalter. Ein literaturwissenschaftlicher Forschungsschwerpunkt bildete sich daraus jedoch nicht.
Friedrich von Vangerow – Requiem für einen Flieger
Friedrich von Vangerow
Requiem für einen Flieger
Potsdam 1941
121 F 2102
Harry Muth
Mit dem Dornier-Wal zum Nordpol
München 1955
121 F 2264
Der Titel zeigt, wie man häufig mit dem allgegenwärtigen Unfalltod und dem Absturz- oder Abschussrisiko der frühen Piloten umging: Der Fliegertod wurde überhöht und zum Heldentod, Opfer oder auch zum Preis des Fortschritts stilisiert. Eine Totenmesse, das Requiem, war dann dem ehrenden Gedenken des verstorbenen Piloten angemessen. Sie stellte eine säkular-religiöse Reaktion auf das technikbedingte Sterben dar.
Harry Muth – Mit dem Dornier-Wal zum Nordpol
Das Abenteuer Fliegen fand bald auch Eingang in das Medium der Romanhefte. Eine Serie, die Fliegergeschichten, widmete sich ausschließlich diesem Thema. Die Geschichten kreisten meist um den Luftkampf im Zweiten Weltkrieg. Im 59. Band der Serie wird jedoch die Geschichte des Polarforschers Roald Amundsen (1872–1928) erzählt, der mit zwei Flugbooten des Typs Dornier Wal (Do J) Richtung Nordpol aufbrach. Amundsen und seine Crew wollten die Möglichkeit des Fliegens nutzen, um die noch unerforschte Arktis zu ergründen.
Harald Rösler – Flugzeuge gestern – heute – morgen
Harald Rösler
Flugzeuge gestern – heute – morgen
Plochingen ca. 1970
121 F 2219
Wie schnell sich die Faszination des Fliegens in allen Bevölkerungsschichten verbreitete, zeigen Sammelbildserien. Die Sammelbildchen erhielt man beim Kauf von Schokoladentafeln oder Zigarettenschachteln. Passende Alben zum Einkleben der Bilder boten informative Texte zu verschieden Etappen der Fluggeschichte. Auf den Sammelbildern sind beispielsweise die Montgolfière, Otto Lilienthal, die Gebrüder Wright oder ein Luftduell zwischen zwei Doppeldeckern im Ersten Weltkrieg zu sehen.
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