Palmin – Weltwissen in Kokosfett
Die Verfügbarkeit von Speisefett hatte im Verlauf des 19. Jahrhunderts nicht mit dem rasanten Bevölkerungswachstum mitgehalten. Mit Eifer wurden Ersatzprodukte entwickelt. Margarine erhielt als „beurre économique“ 1869 in Frankreich ihr erstes Patent. Die Firma Heinrich Schlinck & Cie. in Mannheim erhielt 1887 das Patent für die „Mannheimer Cocosbutter“ und produzierte sie ab 1894 unter der Markenbezeichnung Palmin.
Den Rohstoff dafür lieferten die deutschen Kolonien in der Südsee. Aus dem Fleisch der Kokosnuss wurde Öl gepresst, das durch Neutralisation, Destillation und Sterilisation zu 100% reinem Fett veredelt wurde. Das geschmacksneutrale, strahlend weiße Palmin war um die Hälfte billiger als Butter und monatelang haltbar. Bis 1889 gab es Palmin in Blechdosen, Kübeln und Fässern, danach in der bis heute beibehaltenen Plattenform, verpackt in Pergamentpapier. Wegen der Anbindung an den Hamburger Hafen als Anlaufstelle für die aus den deutschen Kolonien importierten Kokosnüsse verlegte Schlinck 1909 den Hauptsitz der Firma nach Hamburg-Wilhelmsburg und gab 1917 die Produktion in Mannheim auf.
Palmin war ein badischer Verkaufsschlager und vor dem Ersten Weltkrieg unangefochtener Marktführer für Speisefett. Namhafte Ökotrophologinnen traten in Palmin-Kochbüchern den Beweis an, dass Speisen, für die nach landläufiger Meinung ausschließlich Butter oder Schmalz zu verwenden war, hochwertiger und besser verdaulich mit Palmin zubereitet werden konnten. Es eignete sich lediglich nicht als Brotaufstrich, deshalb kam 1907 die Margarine Palmona auf den Markt, hergestellt aus Palmin, Erdnuss- und Sesamöl sowie Eigelb und Zucker.
Auch die Firma Schlinck setzte höchst erfolgreich Sammelbilder-Serien als Instrument der Kundenbindung ein. Jedem Pfund-Paket Palmin lag ein Sammelbild bei. Die Werbemittel verstärkten sich gegenseitig, denn für 100 Sammelbilder erhielt man ein Palmin-Kochbuch, für 200 Sammelbilder ein Palmin-Sammelalbum mit 20 Serien. Man musste also durchaus sehr viel Kokosfett konsumieren, um in den Genuss eines kompletten Bilderalbums zu kommen.
Die 168 frühen Palminbilder-Serien im Liebigformat wurden in den Jahren 1903 bis 1915 herausgegeben und namhaften Graphikern anvertraut. 41 Serien entstanden in Kooperation mit dem Karlsruher Künstlerbund. Etliche dieser qualitätvollen Originallithographien mit Künstlersignatur sind schönste Jugendstilkunst.
In den Jahren 1929 bis 1932 erschienen die Palmin-Post-Sammelalben. Sie summieren sich mit insgesamt 200 Bilderserien noch einmal zu einem Kompendium des Wissens, vermitteln auch Verkehrserziehung, Gesundheitsregeln oder Erste-Hilfe-Kenntnisse. Viele dieser späteren Palmin-Bilderserien tragen plakative Titel wie Vom Einbaum zum Ozeandampfer (Serie 31), Von Ikaros zu Udet (Serie 45) oder Von der Postkutsche zum Raketenwagen (Serie 87) – sie präsentieren historische Errungenschaften der Verkehrs- oder Kommunikationstechnik und verstärken eine positive Haltung zum technischen Fortschritt ihrer Zeit.

Koch- und Haushaltungsbuch für den einfachen Haushalt
mit Berechnung der einzelnen Rezepte für drei erwachsene Personen.
Ein Handbuch für alle Hausfrauen von E. Amberg, C. Rost, M. Schubert, Vorsteherinnen der St. Johanner Haushaltungsschule, sowie Leiterinnen der Kochkurse im Saar-Revier.
4. verbesserte Auflage.
Saarbrücken: Schmidtke, 1905.
Die drei Koch- und Haushaltslehrerinnen veröffentlichten ihr Handbuch zuerst im Jahr 1902. Es erschien von der 4. Auflage 1905 bis zur 13. Auflage 1912 als Werbekochbuch der Firma H. Schlinck& Cie.
Badische Landesbibliothek: 115 E 3917
Vorbesitzerin: Lina Schubert

Koch- & Backrezepte zur Verwendung von Palmin.
[Hrsg. von H. Schlinck & Cie.]
Mannheim: Schlinck, [ca. 1905].
Kleine Heftchen mit 16, 24 oder 32 Seiten Umfang wurden über viele Jahre hinweg als Rezeptsammlung kostenlos abgegeben und lagen in jedem Geschäft mit Palminverkauf aus.
Badische Landesbibliothek: 115 H 1179

Hannemann, Elise:
Koch-Rezepte zur Verwendung von Palmin.
Hamburg, Mannheim: Schlinck, [1909].
Elise Hannemann, Leiterin der Kochschule am Berliner Lette-Verein, war bereits durch ein weit verbreitetes Kochbuch bekannt. Ihre Rezepte wollen „beweisen, dass sowohl Speisen, zu deren Herstellung ausschliesslich Butter verwendet, als auch solche, die nur in Schmalz oder sonstigen Fetten gebacken oder gebraten werden, mit Palmin hergestellt werden können.“
Badische Landesbibliothek: 115 E 995

Palmin-Serie 30:
Sportbilder.
Farblithographien auf braunem Karton.
Künstler unbekannt.
Mannheim: H. Schlinck & Co., [ca. 1905].
Hier: Radfahren.
Badische Landesbibliothek: 120 H 2019 R

Silbermann, Marie:
Palmin-Kochbuch.
Kochbuch für den einfachen und gutbürgerlichen Haushalt mit Berücksichtigung der vegetarischen und Krankenkost. Vollständige Anweisung zur schmackhaften Zubereitung aller Arten von Gerichten nach bewährter eigener Methode.
2. Auflage. Hamburg, Mannheim: Schlinck, Neustadt a. d. Haardt: Pfälzische Verlagsanstalt [Drucker], 1910.
Marie Silbermann war Vorsteherin der höheren Privat-Kochschule mit Haushaltungsschule und Seminar in Heidelberg. Ihr Palmin-Kochbuch konnte man gegen Einsendung von 100 Palmin-Sammelbildern oder gegen 70 Pfennig in bar bei der Firma Schlinck erwerben.
Badische Landesbibliothek: 115 E 1143

Koch-, Brat-, Back-Rezepte zur Verwendung von Palmin.
Zusammengestellt unter Mitwirkung von praktischen Hausfrauen und hervorragenden Fachleuten auf dem Gebiete der Kochkunst und Feinbäckerei.
Von den alleinigen Produzenten H. Schlinck & Cie.
Hamburg: Schlinck, 1913.
Badische Landesbibliothek: 115 E 998

Palmin, Palmona: eine Aufklärungsschrift.
Hamburg: H. Schlinck & Cie Aktiengesellschaft, [ca. 1913].
Badische Landesbibliothek: 115 H 1018

Die gute Palmin Küche.
Alleinige Hersteller des echten Palmin H. Schlinck & Cie. Aktien-Gesellschaft.
Hamburg: H. Schlinck & Cie. Aktien-Gesellschaft, [ca. 1925].
Badische Landesbibliothek: 115 H 1019

Besser kochen mit PALMIN: 57 neue Rezepte.
Hamburg: H. Schlinck & Cie Aktien-Gesellschaft, [ca. 1930].
Badische Landesbibliothek: 115 F 765

Palmin-Post-Serie 22–23:
Erziehung der Jugend zum Verkehr.
Wunder der Pflanzenzucht.
In: Palmin-Post. Sammelfroher Jugend zur Freud und Lehr. Band 1.
Hamburg: H. Schlinck & Co., [1929].
Die Serie zur Verkehrserziehung stammt von dem Münchner Grafiker Otto Kubel (1868–1951), diejenige zur Pflanzenzucht von dem Leipziger Grafiker Hans James Berthold (1884–1929).
Badische Landesbibliothek: ZB 17044, 1/52

Palmin-Post-Serie 72–73:
Tiere unter Schutz.
Erste Hilfe bei Unglücksfällen.
In: Palmin-Post. Sammelfroher Jugend zur Freud und Lehr. Band 2.
Hamburg: H. Schlinck & Co., [1930].
Badische Landesbibliothek: ZB 17044, 105/156

Palmin-Post-Serie 146–147:
Stätten der Großindustrie.
Neuzeitliche Unterrichtsformen.
In: Palmin-Post. Sammelfroher Jugend zur Freud und Lehr. Band 3.
Hamburg: H. Schlinck & Co., [1931].
Etwas Neues in dieser Zeit: Auch dem modernen Industriebau wird eine Sammelbilder-Serie gewidmet.
Hier: Folge 146 Nr. 4.
Badische Landesbibliothek: ZB 17044, 105/156

Palmin-Post-Serie 166–167:
Kräfte, die Maschinen treiben.
Wie ein Buch entsteht.
In: Palmin-Post. Sammelfroher Jugend zur Freud und Lehr. Band 4.
Hamburg: H. Schlinck & Co., [1932].
Badische Landesbibliohek: ZB 17044, 105/156
Zum Digitalisat der Serie 166
Zum Digitalisat der Serie 167

Palmin-Post Serie 161:
Namen, die Begriffe wurden.
Sammelheft mit den Bildern 4–6.
Hamburg: H. Schlinck & Co., [1931].
Beilage zu einer Packung Palmin. Mit drei Bildern einer Serie.
Badische Landesbibliothek: ZB 17044, 157/200 Beilage

Palmin-Post Serie 195:
Neuzeitliche Eisenbahnwagen.
Sammelheft mit den Bildern 4–6.
Hamburg: H. Schlinck & Co., [1932].
Beilage zu einer Packung Palmin. Mit drei Bildern einer Serie.
Badische Landesbibliothek: ZB 17044, 157/200 Beilage

Die fröhliche Küche.
[Hamburg]: [Schlinck], [ca. 1950].
„Man nehme … eine Portion Erfahrung, viel Liebe, eine Prise Geschicklichkeit, würze mit Raffinesse und koche alles auf kleiner Flamme gar. Man garniere mit reichlich Phantasie und serviere mit Anmut!“ (aus dem Vorwort)
Badische Landesbibliothek: 115 H 988
Literatur speziell zu den Palmin-Sammelalben
- Die Palmin-Werke von H. Schlinck & Cie, Aktien-Gesellschaft Hamburg-Mannheim. Frankfurt a. M. 1912.
Zur Online-Publikation - 111 Jahre Fett nach Maß: Zeitdokumente von Napoleon bis heute erzählen die Geschichte der Margarine und anderer Pflanzenfette am Beispiel von Rama, Sanella, Palmin. Hamburg: Union Deutsche Lebensmittelwerke, [1980].
115 A 11026 - Zeller, Joachim: Bilderschule der Herrenmenschen: koloniale Reklamesammelbilder. Berlin: Ch. Links Verlag, 2008.
112 A 4890 - Palmin – eine Jahrhundertmarke. [Hrsg. von d. Union Dt. Lebensmittelwerke GmbH]. Hamburg: Union Deutsche Lebensmittelwerke, 1998.
115 B 500 - Detlef Lorenz: Reklamekunst um 1900. Künstlerlexikon für Sammelbilder. Berlin: Reimer, 2000. Insbesondere S. 27–29, 53 und 222–225.
115 A 12149
Text: Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen
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