Tourismus am Bodensee
Der Bodensee als Reiseziel
Der internationale Bodenseeraum als Reiseziel kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Aus der historischen Reiselandschaft entwickelte sich erst durch die planmäßige und bewusste Vermarktung sowie den Ausbau der Verkehrsverbindungen im 19. Jahrhundert ein Urlaubsziel. Daran war der Verband der Gasthofbesitzer am Bodensee und Rhein aktiv beteiligt.
Bereits ab dem Zeitpunkt seiner Gründung gab es Planungen, ein Plakat des Bodensees entwerfen zu lassen. Das von der Firma Orell & Füssli erstellte Plakat wurde ab 1897 in unterschiedlichen Kontexten verbreitet. Neben der ursprünglichen zweisprachigen Version mit den Wappen der Anrainerstaaten entstanden kleinformatigere Printprodukte wie Postkarten mit veränderten Details. Bis heute wird das Motiv des Bodensees vor schneebedeckten Alpen für Souvenirs genutzt und definiert noch immer den touristischen Blick auf das Gebiet.
Georg Leonhard Hartmanns Versuch einer Beschreibung des Bodensee’s
St. Gallen: 1808, Badische Landesbibliothek, 121 E 3192 R
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Der Schweizer Georg Leonhard Hartmann (1764–1828) war nach seiner Ausbildung als Maler vor allem als Schriftsteller tätig und verfasste neben dieser Beschreibung des Bodensees auch eine Schilderung seiner Heimatstadt St. Gallen. Der idyllische Stich auf dem Titelblatt ist die einzige Illustration dieser Publikation. Der Autor erklärt, dass er weder „Oelgemälde noch eigentliche Kupferstiche [kenne], in welchen dieser oder jener Standpunkt würdig dargestellt wäre“ (S. 89).
Allerdings nennt er eine Reihe von Darstellungen in sogenannter „Aberlischer Manier“ verschiedener Künstler, die einen Eindruck von der Schönheit des Bodensees geben. Als Aberlische Manier wird ein Verfahren mit kolorierten Umrissradierungen bezeichnet, das nach dem Schweizer Maler Johann Ludwig Aberli (1723–1786) benannt ist.
C. C. Baur: Reisekarte für die Umgebungen des Bodensee's
Constanz: 1855, Badische Landesbibliothek, O52 A 168
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In der Buchhandlung Johann Thomas Stettner, die auch als Verlag tätig war, erschien 1855 die vom Topografen C. C. Baur gezeichnete Karte des Bodensees, die in den vier Ecken jeweils einen kleinformatigen Stadtplan mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Konstanz, Lindau, Schaffhausen und St. Gallen zeigt. Vier Karten mit den Transportwegen in Baden, der Schweiz, nach Bayern und in Württemberg umranden die Reliefkarte. Die Panoramaansicht des Bodensees mit den wichtigsten Berggipfeln der Alpen bietet eine zusätzliche Orientierungshilfe.
Karl Theodor Zingeler: Rund um den Bodensee
Würzburg: ca. 1878, Badische Landesbibliothek, SA 81,28
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Der Würzburger Historiker Karl Zingeler (1845–1923) verfasste den Text zu diesem Reiseführer in der Reihe „Woerl’s Reisebibliothek“. Der Freiburger Verleger Leo Woerl (1843–1918) war Neffe von Bartholomä Herder (1774–1839), dem Gründer der Herder’schen Verlagsbuchhandlung, einem der ältesten Verlage Deutschlands. Nach seiner Ausbildung im Familienbetrieb gründete Woerl 1866 in Würzburg eine eigene Verlagsbuchhandlung, die ab den 1870er-Jahren auch eine Agentur in Wien unterhielt. Ab 1878 veröffentlichte er in der Reihe „Woerl’s Reisebibliothek“ zahlreiche Städteführer und Reisehandbücher, die auch auf den ersten Seiten dieses Bodenseeführers beworben werden.
Julius Wais: Bodensee-Führer
Stuttgart u. a.: 1908, Badische Landesbibliothek, 78 A 5832
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Julius Wais veröffentlichte mehrere Reiseführer zum Schwarzwald und zur Bodenseeregion. Die Publikation gliedert sich in Ausflüge am See und in der Umgebung. Die Textbeiträge werden ergänzt durch Karten, Stadtpläne, Panoramaansichten und 33 Abbildungen sowie einen Anzeigenteil am Ende. Das Leporello zu Beginn des Reiseführers von einem Künstler mit den Initialen „G.L.“ zeigt das Alpenpanorama aus zwei verschiedenen Perspektiven, einmal von Friedrichshafen und einmal vom österreichischen Berg Pfänder aus gesehen.
Ernst Ackermann: Am Bodensee – Reisebilder und Erinnerungsblätter; ein Führer über den Bodensee und seine Ufern entlang
Konstanz: 1889 , Badische Landesbibliothek, O43 A 291
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Der Einband des Reiseführers von Ernst Ackermann zeigt eine Darstellung des Bodenseeufers, an dem eine junge Frau in Freizeitkleidung in einem Holzboot steht und den Blick in die Ferne gleiten lässt. Im oberen linken Eck sind die Wappen der Anrainerstaaten zu erkennen. Für die Städte Lindau, Bregenz, Rorschach, Heiden, Friedrichshafen, Konstanz und für den Untersee erläutert Ackermann eine Zusammenstellung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Spaziergänge.
Ludwig Hohlwein (1874–1949): Zum Bodensee!, um 1930
Reproduktion, 101 x 63 cm, Bern, Staatsarchiv des Kantons Bern / Berner Design Stiftung P 10518 © 2018, ProLitteris, Zürich
Im Zentrum des von Ludwig Hohlwein gestalteten Plakats thront der Löwe von Lindau auf seinem Sockel. Direkt vor ihm sind die fünf Anrainerstaaten – Bayern, Württemberg, Baden, Österreich und die Schweiz – durch ihre Länderflaggen dargestellt. Die grenzüberschreitende Werbung endete mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. Der Karriere von Hohlwein tat das keinen Abbruch, er schuf beispielsweise das Pla-kat zu den Olympischen Spielen 1936 und prägte mit seinen Entwürfen das Erscheinungsbild des Dritten Reiches maßgeblich.
Hermann Herz (Hg.): Guide Through Europe. Presented by the Hamburg-American Line
Berlin: 1903,
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung WL000054
Mit dem Guide Through Europe brachte der Verband der Gasthofbesitzer eine englischsprachige Publikation heraus, die sich vornehmlich an Touristinnen und Touristen aus den USA richtete. Die gesamte Bodenseeregion wurde damit erstmals als ein Reiseziel präsentiert. Die Auflage von 20.000 Exemplaren wurde als Geschenk an alle Passagiere der Hamburg-Amerika-Linie verteilt.
Fridolin Becker: Karte von Bodensee, Rhein & Bregenzerwald mit den angrenzenden Gebieten von Baden, Württemberg, Bayern, Österreich und der Schweiz
Stuttgart / Bern 1925
MP 12335
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Die Karte im Maßstab 1:125.000 erschien im Volksverlag für Wirtschaft und Verkehr und zugleich im Geographischen Kartenverlag Bern. Die Reliefkarte zeigt die wichtigsten Transportwege und unterscheidet zwischen Normal- und Schmalspurbahnen, Straßenbahnen, Kunststraßen der 1. und 2. Klasse – dem damaligen Begriff für Landstraßen –, Dampfschifflinien sowie Fuß- und Wanderwegen. Auch die Landes- und Staatsgrenzen sind eingezeichnet. Auf der Rückseite sind wichtige Erläuterungen zu Ausflugszielen und Transportwegen aufgeführt. Der Schweizer Fridolin Becker (1854–1922) war von 1876 bis 1894 für das Eidgenössische Topographische Bureau tätig und ab 1901 Professor für Topografie, Plan- und Kartenzeichnen an der ETH Zürich.
Paul Dietrich (1907–1991): Bodensee, 1954/55
Reproduktion, 118 x 84 cm
Salem, Kreisarchiv Bodenseekreis; S-Z Zeitgeschichtliche Sammlung
Das Plakat aus den 1950er-Jahren offenbart den Wandel der Werbeästhetik. Anstelle der Reliefkarten und Gesamtansichten des Bodensees, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weit verbreitet waren, tritt eine Darstellung entspannender Urlaubsaktivitäten wie Baden, Sonnen und Segeln. Die kräftigen Farben und stilisierten Formen lassen darauf schließen, dass das Plakat auf Fernwirkung ausgerichtet war. Der Künstler Paul Dietrich war für den Züricher Verlag Orell Füssli tätig und engagierte sich zeitlebens in der Fremdenverkehrswerbung.
Joseph Ruep (1886–1940): Der Bodensee, 1930
Reproduktion, 73 x 102 cm
Bern, Staatsarchiv des Kantons Bern / Berner Design Stiftung, P 10513
Reliefkarten waren in den 1920er- und 1930er-Jahren sehr beliebt. Sie wurden als Plakate oder als Rückseite von Reklameheften verbreitet. Diese Darstellung wurde von den Vereinigtensverwaltungen für den Bodensee, Untersee und Rhein in Auftrag gegeben. Sie verwendeten das Motiv auch in ihren Prospekten, ebenso wie die Reichsbahn. Josef Ruep war als Zeichner von Reliefkarten sehr erfolgreich und arbeitete für Urlaubsziele europaweit. Kleine Anekdote am Rande: Trotz seiner zahlreichen Bilder aus der Vogelperspektive soll Ruep nie mit einem Flugzeug geflogen sein.
Postkarten des Bodensees
Bodensee und Rhein
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung
WL000117
Bodensee und Rhein aus der Vogelschau
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung
WL000119
Der Bodensee
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung
WL000122
Die drei Postkarten veranschaulichen beispielhaft, wie der Bodensee über die Jahre hinweg auf Postkarten dargestellt wurde. Alle drei Karten zeigen den See nach Süden hin, mit dem Alpenpanorama im Hintergrund. Sehr erfolgreich war das Motiv von Josef Ruep (1886–1940), das auch für Plakate und in Prospekten genutzt wurde.
Neuestes Panorama vom Bodensee
Darmstadt: ca. 1905, Badische Landesbibliothek, 977121 E
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Die Kunstanstalt Lautz & Isenbeck aus Darmstadt stellte zahlreiche Leporellos im Querformat her. Die aufwendige Gestaltung lässt darauf schließen, dass sich die Publikationen an eine gehobene Klientel richteten. Das Panorama zeigt komplett aufgeschlagen den Bodensee, wobei der Blick von Westen (Konstanz) nach Osten (Bregenz) gerichtet ist. Die Stadt Bregenz, eigentlich im Südosten des Sees gelegen, ist am oberen Ende der Karte zu sehen. Zahlreiche Vignetten in unterschiedlichen Formaten zeigen Sehenswürdigkeiten entlang des Sees, die über das Streckennetz der Dampfschifffahrt miteinander verbunden sind. Anmutige Blumen- und Pflanzenranken dekorieren die Ansichten, die durch umgeknickte Seitenränder als Postkarten ausgewiesen werden.
Weitere Postkarten
Gruss vom Bodensee
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung WL000114
Bodensee und Rhein
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung WL000116
Bodensee und Rhein aus der Vogelschau
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung WL000120
Schöne Grüße vom Bodensee
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung WL000125
Die vier Postkarten veranschaulichen exemplarisch den Wandel der Werbeästhetik. Die erste Karte zeigt den Bodensee noch nach Norden ausgerichtet, wohingegen in den jüngeren Karten das Alpenpanorama im Hintergrund zu sehen ist, der Blick geht Richtung Süden. Erst die vierte Karte bietet mit dem Kompass eine Orientierung auch für ungeübte Augen.
Verband der Gasthofbesitzer am Bodensee und Rhein / Internationaler Bodensee-Verkehrsverein (Hg.): Bodensee und Rhein
Bodensee und Rhein
Lindau: 1930
121 H 436
Lindau: 1932
121 H 423
Von 1927 bis 1936, ab 1929 in Kooperation mit dem Internationalen Bodensee-Verkehrsverein, brachte der Verband der Gasthofbesitzer am Bodensee und Rhein einen Prospekt mit fast unverändertem Motiv heraus. Zu sehen ist ein Segelboot auf dem bewegten Bodensee vor schneebedeckten Bergen, das von drei Möwen begleitet wird. Die Signatur „Bö“ auf der ersten Ausgabe von 1927 verweist auf den Schweizer Karikaturisten Carl Böckli (1889–1970), der als Herausgeber der Satirezeitschrift Nebelspalter tätig war. Der Prospekt wurde in der Druckerei Ernst Löpfe-Benz in Rorschach hergestellt, wo auch das Satiremagazin gedruckt wurde.
Verband der Gasthofbesitzer am Bodensee und Rhein / Internationaler Bodensee-Verkehrsverein: Bodensee und Rhein. Das Kurgebiet vom Arlberg und Bad Ragaz-Pfäfers bis zum Rheinfall. Sonnenland. See und Firnenschnee
Lindau / Rorschach: 1937, Badische Landesbibliothek, 121 H 432
Das Titelmotiv der Broschüre entwickelte Otto Liebusch, der in den 1940er-Jahren als Kostümbildner für Propagandafilme des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland arbeitete. Das Motiv einer jungen Frau mit pathetisch gen Himmel gestreckten Armen ist ein typisches Beispiel für die Grafik im Nationalsozialismus. Im Innenteil sind Fotografien von Heinz Hajek-Halke (1898–1983) abgebildet, der in den 1930er-Jahren am Bodensee lebte und heute als Meister der experimentellen Fotografie gilt. Der Entwurf und die Texte stammen von K. H. Kunze, dem Leiter der Pressestelle des Bodensee-Verkehrsvereins.
Vereinigte Schifffahrtsverwaltungen für den Bodensee und Rhein (Hg.): Der Bodensee
München: ca. 1930, Badische Landesbibliothek, 120 H 1117
Der aufgeschlagene Prospekt zeigt die Reliefkarte des Bodensees von Josef Ruep (1886–1940). Als Rückseite von Prospekten zahlreicher Verkehrsbetriebe wurde die Karte in großen Auflagen verbreitet. Zudem wurde die Karte auf großformatigen Plakaten und auf Postkarten gedruckt.
Konstanz
In Kooperation mit dem Verband der Gasthofbesitzer engagierte sich der Bodensee-Verkehrsverein für die Bekanntmachung des Bodensees bei einem internationalen Publikum. Eine Werbemaßnahme waren Broschüren wie der erste Bodenseeprospekt, der 1904 erschien und die wichtigsten Reiseziele vorstellte. Zugleich gab es auch lokale Interessensgemeinschaften, die damit konkurrierten. Initiativen – wie die der Stadt Konstanz – international Werbung zu machen, wurden gleichermaßen als Inspiration und Rivalität aufgefasst.
Die Bodensee-Landschaft ist bis heute Träger eines Gefühls – ein vielfach eingesetztes Mittel im Marketing: Motive sollen Emotionen hervorrufen, die Kundinnen und Kunden mit dem Produkt in Verbindung setzen.
Bodensee-Verkehrsverein (Hg.): Der Bodensee
Der erste Prospekt mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten rund um den Bodensee erschien 1904 und wurde in den Jahren 1906, 1909 und 1911 erneut aufgelegt. Großen Wert legte man auf die visuelle Gestaltung. Die bekannten Künstler Michael Zeno Diemer (1867–1939), Manuel Wielandt (1863–1922) und Edward Theodore Compton (1849–1921) schufen die Aquarelle und Grisailles der Bodenseeorte. In der Auflage von 1909 steht die Stadt Konstanz, dargestellt von Manuel Wielandt, im Mittelpunkt. Gedruckt wurde das Leporello bei den Vereinigten Kunstanstalten A. G. in Kaufbeuren in Bayern. Der Prospekt wurde international verbreitet.
Konstanz: 1909,
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung WL000104 mit Reproduktion der Rückseite