250 Jahre Öffentlich!

Julia von Hiller 29.1.2021 9.30 Uhr 

DOI: https://doi.org/10.58019/yx7a-j666

Im Januar 1771 öffnete unsere Bibliothek ihre Türen für die Allgemeinheit. Vor genau 250 Jahren. Aus Anlass dieses Jubiläums zeichnen wir aus, was für unsere Institution das eigentliche Lebenselixier ist und was ihren Sinn und Zweck ausmacht: die Nutzung durch die Öffentlichkeit. Unser Web-Logbuch funkt Ihnen ab heute gelegentliche Positionsbestimmungen aus der BLB und gibt öffentlich Nachricht darüber, auf welchem Kurs wir uns gerade befinden.

Es ist schon seltsam: Mit Ausnahme der ersten Monate nach dem 3. September 1942, als die Bibliothek nach einem Bombenangriff dem Erdboden gleichgemacht und ihr Bestand zu 98% vernichtet war, ist die Badische Landesbibliothek in diesen 250 Jahren niemals irregulär geschlossen gewesen. Vor diesem historischen Horizont lässt sich ermessen, was es für sie bedeutet, der Öffentlichkeit aufgrund der Corona-Pandemie derzeit ihre Dienste so weitgehend versagen zu müssen.

Am 31. Dezember 1770 erließ Markgraf Karl Friedrich von Baden für seine Hofbibliothek im Karlsruher Schloss eine erste Benutzungsordnung. 1765 hatte er die Bücher der ehemals Baden-Durlachischen Hofbibliothek in ein gerade fertiggestelltes Nebengebäude des Karlsruher Schlosses bringen lassen. Als er 1771 die Markgrafschaft Baden-Baden erbte, holte er auch die Bücher dieser Hofbibliothek nach Karlsruhe. Der gemeinsame Bestand wurde auf 20.000 Bände geschätzt, das war für die damalige Zeit recht ansehnlich. Als aufgeklärter Landesherr förderte Karl Friedrich Bildung, Kultur und Wissenschaft in besonderen Maße.

Mit seiner Benutzungsordnung bestimmte der Markgraf die Bibliothek, „die von unseren durchlauchtigsten Vorfahren angelegt und von uns vermehrt wurde“, zum öffentlichen Gebrauch. Adressat des lateinischen Statuts war das gelehrte Publikum, das sich dem „Studium der Bücher und der Schönen Künste“ widmete. Es regelt in acht Paragraphen den Nutzungszweck, die Öffnungszeiten, das Verhalten der Nutzer in den Bibliotheksräumen, die Ausleih- und Bestellmodalitäten, die Nichtverleihbarkeit von Handschriften und seltenen Drucken, die Fürsorge- und Schadensersatzpflicht der Nutzer für beschädigtes oder verlorenes Bibliotheksgut, die Verlängerung von Leihfristen und die Bestrafung bei unerlaubter Entwendung und Diebstahl. „Zur Bekundung unseres Willens und zur Befestigung dieser Verordnung von unbegrenzter Geltung unterzeichnen wir sie eigenhändig und befehlen sie in der Bibliothek anzuschlagen“, heißt es abschließend.

Die Öffnung der Bibliothek für das Publikum war zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich – auch die Landesherren anderwärts verfügten damals diesen historisch nicht zu überschätzenden Übergang ihrer Hofbibliothek vom herrschaftlichen Repräsentations- bzw. Verwaltungsinstrument zur allgemein zugänglichen Forschungseinrichtung –, aber sie erfolgte doch vergleichsweise früh. Vorbild für Karl Friedrich wird Kurfürst Karl Theodor gewesen sein, der in Mannheim am 15. Oktober 1763, in Düsseldorf am 3. April 1770 und in München am 18. Dezember 1789 jeweils eine entsprechende Verfügung erließ. Vergleichbare Hofbibliotheken in Dresden oder Darmstadt folgten erst später.

Ein neunter Paragraph fixierte zudem erstmals die noch heute geltende Verpflichtung badischer Verleger zur Abgabe von Pflichtexemplaren. Karl Friedrich ordnete an: „Welches Werk auch immer in unseren Buchdruckereien veröffentlicht wird, ist in zwei Exemplaren an die Bibliothek abzugeben.“ Wie dieser Regelung entsprochen wurde, ist heute nicht mehr feststellbar. Denn die Bücher sind nicht mehr da und ebenso wenig die Akten, denen sich bis 1942 noch manches entnehmen ließ – etwa dass der Hofbibliothekar Friedrich Valentin Molter in den ersten Jahren die Abgabepflicht nur mühsam durchsetzen konnte, weil die Drucker Schmieder und Macklot in Karlsruhe, Sprinzing in Rastatt und Beaumarchais in Kehl ihr nur allzu säumig oder gar nicht nachkamen. Die Abgabeverordnung musste später ohnehin nochmal erneuert werden: Noch Karl Friedrich selbst hat 1807 für sein territorial stark vergrößertes Großherzogtum Baden eine entsprechende Generalverordnung erlassen.

So haben wir in der Benutzungsordnung vom 31. Dezember 1770 nicht nur die Gründungsurkunde der BLB als Service-Institution für die Öffentlichkeit, sondern auch ihren Ursprung als Gedächtnis Badens, das das im Land veröffentlichte Wissen für alle Zeiten verwahrt und vermittelt.

Für die BLB ist das ein besonderes Datum, denn für unsere mehr als 500 Jahre alte Bibliothek gab es anders als für andere Landes- und Universitätsbibliotheken keinen eigentlichen Gründungsakt, dessen Jubiläum wir in Abständen begehen könnten. Wir wollten deshalb mit Ihnen jetzt im Januar 2021 ganz besonders feiern – „singulis Mercurii & Saturni diebus Hora matutina X. ad XII. & post meridiem Hora III. ad V.“, wie es in Karl Friedrichs Benutzungsordnung heißt, also zur großzügigen Öffnungszeit am Mittwoch und am Samstag von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr. Nun ist unsere Bibliothek staatlich verordnet geschlossen. Aber das Feiern holen wir nach, wenn wir Sie dazu wieder im Haus willkommen heißen dürfen.

Einstweilen feiern wir virtuell mit dem Festvortrag von Dr. Ludger Syré auf unserem YouTube-Kanal.

Und für die Zukunft empfehlen wir uns mit dem BLBlog Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit!

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