Vom historischen Original zum Digitalisat: "Ein Sommer in Baden-Baden"

Ruth Ackermann, Beate Ehlig, Jana Madlen Schütte und Janina Späth 17.8.2021 7.56 Uhr

DOI: https://doi.org/10.58019/60cq-kv98

Zeitungen, Handschriften, Bücher: Mehr als vier Millionen Seiten aus unterschiedlichen Publikationen hat die Badische Landesbibliothek (BLB) in den vergangenen Jahren digitalisiert. Über ihre Webseite stellt sie die Werke weltweit kostenlos zur Verfügung – viele davon inklusive Texterkennung. Doch wie wird das Original zum Digitalisat? Welche Schritte nehmen die Seiten auf dem Weg zum Image? Das verrät das Team Digitalisierung im BLBlog.

Passend zur Urlaubszeit dient ein Reisebuch aus dem Jahr 1858 als Beispiel: „Ein Sommer in Baden-Baden“ von Eugène Guinot (1805-1861).

Das Bild zeigt das Titelblatt des Buchs "Ein Sommer in Baden-Baden" von Eugène Guinot. Es zeigt eine Illustration der Trinkhalle in Baden-Baden.

Das Praxisbeispiel passt gut in den August: In „Ein Sommer in Baden-Baden“ berichtet Eugène Guinot von seinen Reisen in der Oberrheinregion. © Badische Landesbibliothek

Der französische Autor und Journalist beschreibt und illustriert die Stationen seiner Reise durch die Oberrheinregion, darunter Baden-Baden, Freiburg, Rastatt, Karlsruhe, Heidelberg und Mannheim.

Guinot macht Lust auf die Region

Guinot nimmt die Leser mit zu den schönsten Sehenswürdigkeiten, gibt in anschaulichem Erzählstil Einblicke in die lokale Wirtschaft und Geschichte und würzt seine Berichte mit treffenden Anekdoten – eine Lektüre, die noch heute zu Ausflügen inspirieren und einen neuen Blick auf altbekannte Orte ermöglichen kann. Zumal die Leidenschaft des Franzosen für die Region und ihre Kurstadt deutlich aus seinen Worten klingt (S.10): „Wenn irgend Jemand fragen würde, welches ist die Hauptstadt Europa’s, müßte man ihm antworten: Im Winter: Paris. Im Sommer: Baden.“

Auch seine Leidenschaft fürs Reisen verteidigt Guinot beherzt. Er gibt dem Leser einen lebendigen Eindruck von den Vorbehalten seiner Zeitgenossen gegenüber der Reiselust (S.4): „Eure Frau vergißt Euch, Euer Banquier fallirt, Euer Haus brennt – und was weiß ich!“ Doch anschließend setzt er zahlreiche Argumente für das Reisen dagegen. Mal augenzwinkernd (S.6): „Die Abwesenheit nützt in der Regel mehr als sie schadet, denn selbst die liebenswürdigsten und geistreichsten Personen können durch zeitweise Entfernung nur gewinnen […]“. Mal ernst (S. 5): „Ich reise, um zu sehen, zu bewundern, zu erfahren, Vorstellungen in mich aufzunehmen, dieselben mir zu bewahren, und mich daran zu neuem Schaffen zu begeistern.“

Eine Illustration aus Eugène Guinots Buch "Ein Sommer in Baden-Baden" zeigt das Kurhaus in Baden-Baden. Auf dem Vorplatz sind viele Menschen zu sehen. Die Bildunterschrift lautet "Conversationshaus".

Mit liebevollem Blick sind die Stationen von Eugène Guinots Reise illustriert  worden – hier das mittlerweile als Kurhaus bekannte Conversationshaus in Baden-Baden. © Badische Landesbibliothek

In der Badischen Landesbibliothek macht das Buch selbst eine Reise: zur digitalen Ausgabe. Dorthin führen vier wesentliche Schritte: Das Team Digitalisierung katalogisiert das Werk, scannt die Seiten, strukturiert sie inhaltlich und schaltet sie schließlich für die Webseite frei. Dabei ist Sorgfalt gefragt.

Schritt I: Ein Steckbrief mit Mehrwert

Bevor das Buch zum Digitalisat wird, ist zunächst das sogenannte Katalogisat fällig: eine Art Steckbrief für das Buch, das digitalisiert werden soll. Es dient dazu, Werk und Exemplar eindeutig zu identifizieren und Interessierten weiterführende Informationen bereitzustellen – beispielsweise zum Autor und seinem literarischen Schaffen.

Die grundlegenden Daten des Buchs erfasst das Team in der Datenbank K10plus, die von wissenschaftlichen Bibliotheken aus zehn Bundesländern kooperativ aufgebaut wird. Es trägt unter anderem Titel, Verfasser, Verlag und Erscheinungsjahr ein. Angereichert wird das Katalogisat mit verschiedenen Verknüpfungen, zum Beispiel zum Datensatz des Autors mit seinen Lebens- und Schaffensdaten und zu thematischen Schlagworten.

Durch nationalen und internationalen Datenaustausch ist das Katalogisat anschließend weltweit auffindbar. Es führt Interessierte direkt in die Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek und zum gewünschten Werk – dem Reisebericht von Eugène Guinot.

Das Bild zeigt einen Copibook-Scanner auf einem Arbeitstisch. Ein Buch liegt aufgeklappt auf der Oberfläche des Geräts. Die Hände einer Mitarbeiterin liegen entspannt seitlich am Copibook.

Die Verwandlung zum Image: Am Copibook scannen Mitarbeiter das Buch Seite für Seite ein. © Badische Landesbibliothek

Schritt II: Die digitale Produktion beginnt

Sobald das Buch katalogisiert ist, wird es eingescannt. Dafür stehen drei verschiedene Geräte zur Verfügung. Das Copibook eignet sich für Bücher, die zu 180 Grad aufschlagbar sind, und für Einblattdrucke wie Autographen und Musikalien. Die Cobra ist für empfindlicheres Material wie alte Drucke, Inkunabeln und Handschriften gedacht, die nicht so weit aufgeschlagen werden können. Auf dem Grazer Buchtisch wird alles eingescannt, was sehr empfindlich ist und nur mit einem Winkel von 90 bis 110 Grad aufgeschlagen werden darf. Dazu gehören in der Hauptsache Handschriften und Inkunabeln.

Für den „Sommer in Baden-Baden“ wählt das Team das Copibook: Sorgfältig lichtet es Seite um Seite ab. Wenn die Mitarbeiter den Scanauftrag abschließen, wird das Buch automatisch in den Importbereich für die Digitalen Sammlungen kopiert. Anschließend werden die Scans über Nacht automatisch in die vorbereitete Titelaufnahme im „Visual Library Manager“ importiert. Eigentlich könnte das Buch nun schon digital gelesen werden – aber für ihre Nutzer geht die BLB einen Schritt weiter.

Schritt III: Ein Inhaltsverzeichnis bringt Komfort

Bevor Digitalisate online gehen, gestaltet das Team die Nutzung komfortabler. In der Software „Visual Library Manager“ strukturiert es die Scans von „Ein Sommer in Baden-Baden“ formal und thematisch. So kann sich der Leser einen Überblick über den Inhalt verschaffen und mit nur einem Klick direkt zum gewünschten Abschnitt gelangen.

Darüber hinaus kann eine wachsende Anzahl an Digitalisaten der BLB – darunter alle Zeitungen – Wort für Wort durchsucht werden. Hierfür wendet das Team ein automatisches Texterkennungs-Verfahren an: die optische Zeichenerkennung OCR (engl. „optical character recognition“).

Schritt IV: Das Buch geht online

Damit das Buch schließlich in den Digitalen Sammlungen der BLB sicht- und suchbar wird, fehlt nur noch ein Schritt: das Freischalten. Dabei wird das Digitalisat der passenden Sammlung - in diesem Fall „Drucke“ - und weiteren thematischen Untergliederungen zugeordnet.

Dann ist es endlich soweit: Mit einem einzigen Klick schickt das Team das neue Digitalisat auf die nächste Reise - ins World Wide Web.

Das Bild zeigt die Webseite der Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek. Kacheln auf der Startseite führen beispielsweise zur Sammlung Nibelungen, zu den Donaueschinger Musikhandschriften oder zu Digitalisaten der Zeitung Badische Neueste Nachrichten.

Große Auswahl: In den Digitalen Sammlungen stehen verschiedenste Werke aus den Beständen der BLB online zur Verfügung. © Badische Landesbibliothek

Mehr zu den Digitalen Sammlungen

Seit 2010 baut die Badische Landesbibliothek ihre Digitalen Sammlungen auf und aus. Aktuell sind dort mehr als vier Millionen Images verfügbar, darunter rund zwei Millionen mit OCR ausgelesene Zeitungsseiten und mehr als 690.000 Handschriftenseiten.

Neu freigeschaltete Digitalisate können Sie über die Kategorie „Neuzugänge“ durchstöbern. Dort ist auch Eugène Guinots „Ein Sommer in Baden-Baden“ zu finden. Wer direkt auf das Werk zugreifen möchte, findet es unter https://digital.blb-karlsruhe.de/id/6767446.

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