Erstaunlich!

Beobachten, studieren und inszenieren

Seit jeher faszinieren andere Lebensformen den Menschen. Wandmalereien in Höhlen sind frühe Zeugnisse einer Auseinandersetzung mit Tieren. Grundlage für die wissenschaftliche Forschung ist das genaue visuelle Studium und die möglichst exakte Darstellung der Beobachtungen in Form von Zeichnungen, Kupferstichen und später Fotografien.

Forscherinnen wie Maria Sibylla Merian (1647–1717) ergänzten diese Visualisierungen mit ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Publikationen, die weite Verbreitung fanden. Ab dem 18. Jahrhundert versuchten Naturforscher vermehrt eine Klassifizierung der Tierarten vorzunehmen. Der aus Schweden stammende Carl von Linné (1707–1778) entwickelte mit der binären Nomenklatur die Grundlage für die einheitliche Bezeichnung und Einordnung, die Taxonomie.

Bei Forschungsreisen wurden Arten dokumentiert und Präparate für die naturkundlichen Museen in Europa gesammelt. Das Unbekannte und Fremdartige war ein wichtiges Kriterium für den Aufbau von Naturalienkabinetten der europäischen Oberschicht. Sammlungen mit besonderen Stücken wurden positiv erwähnt – so auch die Sammlung des Markgrafen Karl Friedrich von Baden-Durlach (1728–1811), dessen Ehefrau Karoline Luise (1723–1783) eine leidenschaftliche Sammlerin war.

Exotische Tiere aus fernen Ländern inspirierten schon früh zu Darstellungen – teils ohne diese Tiere je mit eigenen Augen gesehen zu haben. Bis heute werden zum Teil vom Aussterben bedrohte Tiere in Zoos gehalten und im Zirkus als Attraktion präsentiert. Der illegale Handel mit seltenen Tieren und deren Überresten ist ein lukratives Geschäft, das weltweit floriert. Tierschutzinitiativen bemühen sich um einen ethisch korrekten Umgang mit Tieren und hinterfragen Haltungsbedingungen in Forschungslaboren

Schulwandkarte Jung-Koch-Quentell, Nr. 31 Maikäfer

Düsseldorf: Hagemann, Mitte 20. Jhd.
Privatbesitz

Lehrtafeln waren in Schulen lange Zeit üblich. Die Wandkarte zu Maikäfern wurde im Biologieunterricht eingesetzt und zeigt die Entwicklungsstadien vom Engerling zum Käfer. In Karlsruhe sind die so genannten Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) besonders im Hardtwald zu finden. Sie stellen eine eigene Art im Vergleich zu dem auf der Tafel gezeigten Feldmaikäfer (Melolontha melolontha) dar. In den Monaten April bis Mai fressen sie die grünen Blätter von Eichen und anderen Baumarten und hinterlassen gelegentlich kahle Waldabschnitte. Was dramatisch aussieht, hat kaum negative Auswirkungen auf den Wald. Viel schlimmer ist der Wurzelfraß der Engerlinge, die sich aufgrund von trockenen Böden (eine Auswirkung der Rheinbegradigung 1817–1876) und Klimawandel stark verbreiten.

Johann Friedrich Gmelin – Abhandlung über die Wurmtroknis

Leipzig: Crusius, 1787
Badische Landesbibliothek, 58A 2120

Der Naturwissenschaftler und Mediziner Johann Friedrich Gmelin (1748–1804) ist vor allem für seine zahlreichen Lehrbücher bekannt. Aus Sicht des Botanikers widmet er sich in dieser Publikation den negativen Folgen einer Überpopulation von Insekten: In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte sich der Borkenkäfer so stark vermehrt, dass der Baumbestand im Oberharz massiv gemindert wurde. Am Ende seiner Ausführungen mahnt er eine regelmäßige Kontrolle der Forstbestände an. Sein Namensvetter Carl Christian Gmelin (1762–1887) wurde 1786 zum Direktor des markgräflichen Naturalienkabinetts, dem heutigen Staatlichen Museum für Naturkunde, ernannt.

Carl von Linné – Systema naturae. Des Ritters Carl von Linné ... vollständiges Natursystem

Nürnberg: Raspe, 1773, Badische Landesbibliothek, Gym 7588, 1

Nürnberg: Raspe, 1773, Badische Landesbibliothek, Gym 7588, 1

Das Werk von Carl von Linné (1707–1778) erschien erstmals 1735 und erfuhr bis 1768 zwölf Auflagen. Er beschreibt darin Tiere, Pflanzen und Mineralien nach Klasse, Ordnung, Gattung, Art und Varietät. Bei den Tieren unterschied er sechs Klassen: Säugetiere, Vögel, Amphibien, Fische, Insekten und Würmer. Ab 1758 benannte er alle bis dahin bekannten Organismen in der bis heute verwendeten binären Schreibweise aus Gattung und Artname. Statt einer Gesamtdarstellung aller ca. 10 Millionen Arten in einem Werk versucht man sie heute in Datenbanken zusammenzufassen (zum Digitalisat).

Alfred Edmund Brehm – Brehms Thierleben, Band 1: Affen und Halbaffen, Flatterthiere, Raubthiere

Leipzig: Bibliographisches Institut, 1882, Badische Landesbibliothek, 98 B 101672

Der deutsche Zoologe und Zoodirektor Alfred Brehm (1829–1884) schuf mit „Brehms Tierleben“ eine Enzyklopädie, die maßgeblich zur Verbreitung von Wissen im 19. Jahrhundert beitrug. Die zehn Bände umfassende zweite Auflage (1876–1879, neu gedruckt 1882–1887) enthielt Illustrationen der Künstler Gustav Mützel (1839–1893), Eduard Oscar Schmidt (1823–1886) und Robert Kretschmer (1818–1872). Aufgrund der allgemeinverständlichen Sprache und der zahlreichen Abbildungen fanden die Bände großen Anklang als Nachschlagewerk für den Unterricht oder als Freizeitlektüre (zum Digitalisat).

Ernst Haeckel – Kunstformen der Natur. Allgemeine Erläuterung und systematische Übersicht

Leipzig/Wien: Bibliographisches Institut, 1904, Badische Landesbibliothek, Mo 3246

Der deutsche Zoologe Ernst Heinrich Philipp August Haeckel (1834–1919) prägte im 19. Jahrhundert die Verbreitung des Darwinismus in Deutschland. Wenngleich seine Abstammungslehre heute als überholt gilt und Teile seiner Rassentheorien für ideologische Zwecke missbraucht wurden, sind die von ihm geprägten Begriffe „Stamm“ oder „Ökologie“ bis heute geläufig. Diese Tafel der reich illustrierten Ausgabe zeigt Meeresquallen. Die Publikation enthält 100 Drucke von Adolf Giltsch (1852–1911) nach Zeichnungen und Aquarellen Haeckels.

Louis-Édme Billardon de Sauvigny – Histoire naturelle des dorades de la Chine

Paris: Jorry, 1780, Badische Landesbibliothek, 42C 17 RH

Die französischsprachige Publikation beginnt mit einer Beschreibung der Gebräuche und Traditionen Chinas. Es folgen 16 farbige Tafeln des französischen Kupferstechers François Nicolas Martinet (1731–1804), der hier seine Meisterschaft in der Darstellung von Bewegung zeigt. Jeder Kupferstich ist mit dem Hinweis „dessiné en Chine“ („gezeichnet in China“) versehen, vermutlich um die Darstellungen authentischer erscheinen zu lassen. Im Vorwort wird zugleich darauf hingewiesen, dass die Grafiken von Martinet jedoch gegenüber den originalen Zeichnungen „[…] fort supérieures“ (dt.: „höherwertig“) seien.

Hanns Günther – Die Eroberung der Tiefe

Stuttgart: Franckh, 1928
Badische Landesbibliothek, ZA 1431,112

Hanns Günther, eigentlich Walter de Haas (1886–1969), veröffentlichte in der Franckh’schen Verlagshandlung populärwissenschaftliche Bücher zur Technik. Unter dem Eindruck der rasant fortschreitenden Technik beschreibt der Autor optimistisch die moderne Tauchausrüstung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die endlich eine „Eroberung“ der Meere ermögliche. Allerdings sind bis heute große Teile der Tiefsee unerforscht. Das liegt vor allem an den technischen Herausforderungen, die der bis zu elf Kilometer tiefe Meeresboden bereithält. Forschende gehen davon aus, dass zwei Drittel der Lebewesen im Meer noch keiner bislang bekannten Gruppe zugeordnet wurden. Die „Eroberung“ der Tiefsee liegt also noch vor uns.

Samuel Hamen – Quallen: ein Portrait

Berlin: Matthes & Seitz, 2022
Badische Landesbibliothek, 122 A 5606

Die in der Reihe „Naturkunden“ erschienenen Bändchen zur Tier- und Pflanzenwelt stellen mit großer Detailfreude verschiedene Arten exemplarisch vor. Anliegen des Verlages ist es, die „leidenschaftliche Erforschung der Welt“ aus dem Blickfeld des Menschen in den Vordergrund zu stellen. Die farbschönen Abbildungen zu den Quallen illustrieren, wie diese „Lungen der Meere“ unter anderem als Symbol für das Digitale und Immersive stehen oder als gestalterische Idee im Art Déco genutzt wurden. Die aufgeschlagene Seite zeigt eine Darstellung des Illustrators Zdeněk Burian (1905–1981), der für seine Darstellungen prähistorischer Tiere bekannt ist.

Jules Verne – Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Wien / Pest / Leipzig: Hartleben, 1875
Badische Landesbibliothek, 72A 3582,4/5

Unter dem Zyklustitel „Voyages extraordinaires“ („Außergewöhnliche Reisen“) veröffentlichte der französische Schriftsteller Jules Verne (1828–1905) insgesamt 68 Abenteuerromane und Kurzgeschichten. Der als „Vingt mille lieues sous les mers“ erschienene Roman ist als fiktiver Erlebnisbericht des französischen Professors Pierre Aronnax aufgebaut. Von der amerikanischen Regierung wird er beauftragt, die Ursache sich häufender Schiffsunglücke zu erforschen. Dabei strandet er mit seinen Begleitern auf einem vermeintlichen Seeungeheuer – das sich später als U-Boot des Kapitän Nemo herausstellt. Die Ausgabe enthält 114 Kupferstiche von Henri Théophile Hildibrand (1824 –1897).

Englisch-Ostindien. Die außer-europäische Welt oder Jahrbuch des Wissenswürdigsten aus der Kunde fremder Länder und Völker

Karlsruhe: Kunstverlag, 1858/59, Badische Landesbibliothek, 50 A 2135, 1

Wer sich hinter dem „Verein Gelehrter“ verbirgt, der diesen Band zu Ostindien publizierte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Der Zusatz im Titel „nach den besten vorhanden Quellen“ zeigt das Bemühen, den Wahrheitsgehalt dieser Veröffentlichung zu bestätigen und diente wohl zugleich als Verkaufsargument. Das Buch enthält 41 Stahlstiche und eine Karte. Hier dargestellt ist ein Elefantenkampf in der Stadt Lucknow (Lackhnau) im Norden Indiens. Zahlreiche mit Speeren bewaffnete Männer umringen zwei Elefanten, die gegeneinander kämpfen. Revierkämpfe zwischen den großen Tieren sind zwar üblich, allerdings wird hier der Konflikt zur Belustigung hervorgerufen.

Donaueschinger Liederhandschrift

Mittelalterliche Handschrift mit einer wagen Illustration eines Elefanten in der Mitte.

Handschrift auf Papier, 1480/90, (Reproduktion), Badische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 120

Fremde Tiere faszinieren den Menschen als Symbol für das Exotische, Unerreichbare und Besondere. Zugleich war es eine Herausforderung, unbekannte Tiere darzustellen, deren Aussehen nur durch Erzählungen bekannt war. Aus heutiger Sicht zeigt die Donaueschinger Liederhandschrift ein Mischwesen: zugleich Elefant (Rüssel), Wildschwein (Gewaff) und Drache (Ohren). Statt eines Sattels verweist der Turm auf dem Rücken des Tieres auf die Möglichkeit, mehrere Personen zu tragen, und dient zugleich als Maßstabsangabe für die Größe des Tieres. Die Zeichnung illustriert die Textzeile „Gar starck bekant / ist der helfant /“ (zum Digitalisat).

Michael Ohl – Expeditionen zu den Ersten ihrer Art: außergewöhnliche Tiere und die Geschichte ihrer Entdeckung

München: dtv, 2022
Badische Landesbibliothek, 123 A 7754

Mit Beginn der Entdeckungsreisen im 15. Jahrhundert erreichten bisher unbekannte Naturobjekte Europa. Die ferne Artenvielfalt erstaunte und weckte Begehrlichkeiten bei Forschenden. Denn neue Entdeckungen wurden häufig nach der Person benannt, die sie zuerst wissenschaftlich bearbeitete. Teilweise tauchen Tiere erst in Mythen der lokalen Bevölkerung auf, bevor Forscher auf sie aufmerksam werden. So auch bei der hier gezeigten Waldgiraffe, die trotz imposanter Größe (Körperlänge von ca. 2,5 m und bis zu 300 Kilogramm Körpermasse) erst 1930 fotografisch festgehalten wurde.

Christine Bell – Der Zoo in Karlsruhe: ein historischer Streifzug

Bretten: Info Verlag, 2015, Badische Landesbibliothek, 116 F 80

Der Zoologische Stadtgarten Karlsruhe wurde im Jahr 1865 auf Initiative des „Badischen Vereins für Geflügelzucht“ eröffnet und zählt zu den ältesten Zoos in Deutschland. Als Finanzierungsmodell wurde die Aktiengesellschaft gewählt. Unterstützung erhielt das Projekt durch Großherzog Friedrich I. von Baden (1826–1907). Zunächst als Geflügelpark geplant, wurde er in den 1880er-Jahren zum Universalzoo. Immer wieder gibt es Publikumslieblinge, wie der hier gezeigte Löwe „Prinz“, der 1962 im Karlsruher Zoo geboren wurde. Im ersten Jahr bewegte er sich frei auf dem Zoogelände, und zahlreiche Eltern fotografierten ihr Kinder mit dem Löwenjungen auf dem Schoß.

Friedrich Scherer – Führer durch den Stadtgarten mit Tierpark zu Karlsruhe

Karlsruhe: Weber, 1922, Badische Landesbibliothek, O 53 A 294

Friedrich Scherer war seit 1917 Leiter des städtischen Gartenbauamtes. Diese handliche Broschüre beginnt er mit einem historischen Abriss zur Geschichte des Stadtgartens und beschreibt anschließend die einzelnen Tiergehege näher. Der Zooführer enthält neben zahlreichen Abbildungen auch einen Lageplan. Finanziert wurde die Broschüre durch Anzeigen. Das Titelbild schmückt ein lila Elefant auf orangefarbenem Grund. Seit 2016 betreibt der Karlsruher Zoo eine Altersresidenz für asiatische Elefanten, europaweit eines der ersten Projekte dieser Art. Die Anlage ist speziell auf die Bedürfnisse älterer Elefanten ausgerichtet – ob aus dem Zirkus oder von anderen Zoos.

Wilhelm Busch – Geliebter Zirkus

Gütersloh: Bertelsmann Mohn u.a., 1968, Badische Landesbibliothek, 110 B 80158 R

Der Illustrator Wilhelm Martin Busch (1908–1987) ist begeisterter Zirkusliebhaber. Im Jahr des Erscheinens dieses Buches erhielt er den Saltarino-Preis der Gesellschaft der Circusfreunde e.V. Damit werden Personen geehrt, die in Wort- oder Bildbeiträgen die kulturelle Bedeutung des Zirkus einer breiten Öffentlichkeit nahebringen. Die Illustrationen im Buch zeigen typische Zirkusszenen in verschiedenen Zeichentechniken. Mit schwungvollem Filzmarker gezeichnet, ist hier ein Löwe beim Verschlingen seines Futters hinter grün gefärbten Gitterstäben zu sehen. Die dunkelbraunen Schraffuren kontrastieren mit der filigranen Ausführung des Tierschädels.

Hans Thoma – ABC-Bilderbuch

Karlsruhe, ca. 1905, Druck mit handschriftlichen Zusätzen, Badische Landesbibliothek, K 3086

Der Künstler Hans Thoma (1839–1924) ist in Karlsruhe gut bekannt: Der Professor an der Großherzoglichen Kunstschule und Direktor der Kunsthalle Karlsruhe prägte die Karlsruher Kunstszene entscheidend. In seinem umfangreichen Werk griff er häufig volkstümliche Themen auf. Sein Bilderbuch illustriert die Buchstaben des Alphabets, das „B“ etwa mit dem Bild eines Bären, der von zwei jungen Burschen an der Kette gehalten wird. Der Bär ist hier kein wildes Tier, sondern eine gezähmte Attraktion, die zum Vergnügen der Menschen Kunststücke aufführen soll.

Gotthard M. Teutsch – Soziologie und Ethik der Lebewesen

Gotthard M. Teutsch: Mensch und Tier: Lexikon der Tierschutzethik / Göttingen 1987, 87 A 52082
Gotthard M. Teutsch: Soziologie und Ethik der Lebewesen: eine Materialsammlung / Frankfurt am Main, 1978, 95A 9317
Gotthard M. Teutsch: Da Tiere eine Seele haben ...: Stimmen aus 2 Jahrtausenden / Stuttgart, 1987, 87A5108

 

Der Soziologe und Philosoph Gotthard Martin Teutsch (1918–2009) beschäftigte sich mit den Sozialbeziehungen zwischen Mensch und Tier. Ab 1962 war er Professor an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und engagierte sich intensiv für Belange des Tier- und Umweltschutzes. Ab 1992 baute er das „Archiv für Ethik im Tier-, Natur- und Umweltschutz (AET)“ auf, das bis 2006 in der Badischen Landesbibliothek beheimatet war. Es wurde 2006 auf Wunsch seines Begründers nach Zürich überführt und dort in die Bibliothek der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) integriert. Zu diesem Zeitpunkt umfasste es rund 1.400 Bücher, das entsprach 28 Regalmetern.

Kalender des Verbands der Tierschutzvereine des Deutschen Reiches, Nr. 9

Würzburg: Stürtz, 1891, Badische Landesbibliothek, 98 B 88736 9

Der erste deutsche Tierschutzverein wurde 1837 in Stuttgart gegründet. 1884 entstand der Dachverband „Tierschutzvereine des Deutschen Reiches“. Wenige Jahre später wurde dieser Taschenkalender im handlichen Format herausgebracht. Er richtete sich an eine junge Zielgruppe, die für den Tierschutz sensibilisiert werden sollte. Tierschutzvereine forderten unter anderem ein Verbot der sogenannten Vivisektion, der Operation am lebenden Organismus. Bis auf einzelne Bemühungen auf Landesebene („Gossler-Erlass“ in Preußen 1885) gab es kaum Regelungen zum Schutz der Tiere. Der heutige Tierschutzbund e.V. wurde 1948 gegründet.

Das deutsche Reichs-Tierschutzgesetz vom 24. November 1933

Berlin / Leipzig: de Gruyter, 1934
Badische Landesbibliothek, 84 A 17163

Am 24. November 1933 verabschiedete der Reichstag das erste Tierschutzgesetz für das gesamte Reichsgebiet. Es trat am 1. Februar 1934 in Kraft und wurde von Beginn an zu propagandistischen Zwecken genutzt. Unter anderem verbot es Praktiken wie das Schächten. Tiere wurden in der NS-Propaganda auch für rassistische und antisemitische Zwecke instrumentalisiert. Die Hierarchisierung von Tierarten und die daraus resultierende Zuordnung einiger Arten zu „Schädlingen“ wurde auf Teile der Bevölkerung übertragen. Das heutige Tierschutzgesetzt beruht verfassungsrechtlich auf dem Staatsziel des Tierschutzes nach Art. 20a des Grundgesetztes, das 2022 beschlossen wurde.

Dieter Kaiser (Hrsg.) – Wir töten, was wir lieben: das Geschäft mit geschützten Tieren und Pflanzen

Hamburg: Hoffmann und Campe, 1989
Badische Landesbibliothek, 89 A 14576

Das Begleitbuch zur gleichnamigen Dokumentationsreihe „Wir töten, was wir lieben“ richtet den Blick auf gefährdete Tierarten. Die neunteilige Fernseh-Reihe wurde 1988 unter dem englischen Originaltitel „Animal Traffic“ veröffentlicht. 1989 strahlte die ARD die deutsche Fassung aus. Der WDR produzierte die Reihe in Koproduktion mit Channel 4 (England) und der Australian Broadcasting Company. Gedreht wurde unter anderem in den Savannen Afrikas, den Regenwäldern Südamerikas, in Australien, Asien und Europa. Die Sendung sollte für einen besseren Umgang mit Tieren sensibilisieren.

Eckhard Wiesenthal (Hrsg.) – Tiere in Menschenhand

Stuttgart: Müller Rüschlikon, 2021
Badische Landesbibliothek, 121 A 10600

Die Publikation entstand auf Initiative des Deutschen Wildgehege-Verbandes e.V. (DWV), einem freiwilligen Zusammenschluss von Wildparks, die sich zu den Grundsätzen einer tierschutzgerechten Wildtierhaltung bekennen. Herausgeber ist der Vorsitzender des Vereins, Eckhard Wiesenthal. Er versammelt Meinungen von 21 Experten aus unterschiedlichen Disziplinen, die das Mensch-Tier-Verhältnis dokumentieren und Ideen für einen nachhaltigeren Umgang mit der Natur geben. Dr. Immanuel Birmelin (geb. 1943) studierte Biologie und Chemie, ist Verhaltensforscher und auch durch TV-Auftritte bekannt.

Christa Murken – Animal turn: auf der Suche nach einem neuen Umgang mit Tieren

Herzogenrath: Murken-Altrogge, 22021
Badische Landesbibliothek, 122 A 12168

Die Kunsthistorikerin und Künstlerin Christa Murken beschäftigt sich in dieser Publikation mit dem menschlichen Umgang mit Tieren. Sie richtet den Blick auf Themenbereiche wie Artensterben, Tierversuche, Massentierzucht und die Beziehung des Menschen zu Tieren. Murken plädiert für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur und zeigt auf, wo noch Handlungsbedarf besteht. Damit reiht sie sich ein in eine ganze Reihe ähnlicher Publikationen, die sich aus einer gesellschaftlichen Perspektive heraus mit der Thematik auseinander setzen.

Hermann Franz Oskar Haberland – Die operative Technik des Tierexperimentes

Berlin: Springer, 1926
Badische Landesbibliothek, 59 A 1483

Der aus Dresden stammende Haberland (1887–?) war als Chirurg tätig und veröffentlichte Bücher zur Medizin. In dieser Publikation gibt Habermann operativ-technische Anleitungen zu Tierexperimenten und weist im Vorwort zugleich darauf hin, dass er die Vivisektion in der ursprünglichen Bedeutung ablehne und dass das Tierexperiment nur bedingten Wert für die Humanmedizin besäße. Er beschreibt die Vorbedingungen für erfolgreiche Experimente: Anhand eines Gebäudeplans mit Erläuterungen werden Beispiele für geeignete Laborräume gegeben. Die Publikation umfasst 300 Abbildungen. Hier ist die Durchblutung eines isolierten Säugetierherzens zu sehen.

Georg Abraham Mercklin – Neu außgefertigtes historisch-medicinisches Thier-Buch

Nürnberg: Zieger, 1696
Badische Landesbibliothek, 117 E 2916 R

Die Publikation des Nürnberger Mediziners Georg Abraham Mercklin (1644–1702) ist in vier Teilen aufgebaut. Im ersten Teil beschreibt er die „vierfüßigen Thiere“, im zweiten Teil Vögel, im dritten Teil Fische und schließlich „allerley Ungezieffer / oder Gewürm“ mit ihrem jeweiligen Nutzen für die Medizin. Zahlreiche Kupferstiche ergänzen den Text, in dem unter anderem auch die Vorzüge des Eichhornfettes gegen Ohrenschmerzen gepriesen werden. Die aufgeschlagene Seite zeigt vier kolorierte Kupferstiche von T.L. Honnig mit Darstellungen von Rotwild und den charakteristischen Unterschieden im Geweih (zum Digitalisat).

Winfried Ahne – Tierversuche: im Spannungsfeld von Praxis und Bioethik

Einband des Buches „Tierversuche“. Auf dem Cover ist ein Foto von acht identisch aussehenden Schafen, die alle gleich auf einer Wiese stehen, zu sehen.

Stuttgart / New York: Schattauer, 2007
Badische Landesbibliothek, 107 A 4542

Winfried Ahne (geb. 1939), ehemals Professor für Zoologie und Virologie an der LMU München, bezieht sich auf Debatten zu Tierversuchen. In vielen Bereichen sind sie etablierter Teil der medizinischen Forschung oder Produktentwicklung. Zugleich gibt es immer wieder Skandale mit Human-Arzneimitteln, die an Tieren getestet wurden, aber bei Menschen starke Symptome auslösen. Das bekannteste Beispiel ist die Contergan-Katastrophe Ende der 1950er-Jahre. Das Geleitwort schrieb Wolfgang Apel (1951–2017), von 1993 bis 2011 Präsident des Deutschen Tierschutzbundes e.V. Während seiner Amtszeit wurde das Staatsziel des Tierschutzes in das deutsche Grundgesetz aufgenommen.

 

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