Kultur – Kunst, Musik, Literatur

Kunst und Kultur befanden sich 1918 in einer Umbruchphase. In der Literatur bestimmte die öffentlich geführte politische Kontroverse der Brüder Thomas und Heinrich Mann die Debatte, die Betrachtungen eines Unpolitischen und der Untertan erschienen im September bzw. im November 1918. Viele ältere Autoren hingen noch den symbolistischen und impressionistischen Strömungen an. Aber die Jungen waren Expressionisten, die die Kriegserfahrung traumatisiert hatte und die ihren Ängsten, Verstörungen und Verletzungen Raum gaben in atemlosen und hyperbolischen Texten, die sich um Leid, Tod und Wahnsinn ranken.

Ernst Barlach hat sein quälerisches Drama Der arme Vetter selber illustriert. Er hatte nicht an die Front gemusst, dafür aber Max Beckmann, der schwer traumatisiert zurückgekommen war und im Jahr 1918 Kasimir Edschmids fieberhafte Novelle Die Fürstin mit Radierungen ausstattete. Gleichzeitig veröffentlichte Alfred Kubin sein Mappenwerk Blätter mit dem Tod – alles Meisterwerke der Druckgraphik des Expressionismus im Bestand der Badischen Landesbibliothek.

Natürlich gelangten die expressionistischen Dramen auch auf das Theater. Dort aber regierte 1918 das Bedürfnis des vom Kriegsalltag erschöpften Publikums nach Unterhaltung. Komödien und Operetten bestimmten das Programm. Kassenschlager in Karlsruhe war Die Rose von Stambul, eine klassische Verwechslungsgeschichte aus der Gegenwart, angesiedelt zwischen Orient und Okzident – ob am 16. Juli 1918 der russische Zar ermordet wurde oder am 9. November der deutsche Kaiser abdankte: abends bettete das Karlsruher Hoftheater-Ensemble Schleierzwang und Zwangsheirat und ein bisschen orientalisches Flair in schmissige Wiener Walzermusik ein.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatten sich Komponisten, Texter und Verleger in großer Eile auf die Produktion kriegsverherrlichender und nationaler Lieder umgestellt. Das Musikleben wurde in den Dienst des Krieges gestellt. Musik aus den Feindesländern boykottierte man. Viele Komponisten, die bereits vor Kriegsausbruch einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hatten, nahmen nun eine nationalistische, kriegsbejahende Haltung ein. Daneben kam der Musik im Ersten Weltkrieg auch die Aufgabe der Tröstung, Unterhaltung und Ablenkung zu. Sie sollte an Werte wie das Schöne und an Normalität erinnern.

© Badische Landesbibliothek 2018. Autoren: Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen, Brigitte Knödler-Kagoshima

Klapp-Ansichtskarte „Sag' Schnucki zu mir“ aus der Operette „Die Rose von Stambul“.

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Collage aus Titeln, die 1918 veröffentlicht wurden.

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