Die Benutzungsordnung von 1771
Zur Bekundung unseres Willens und zur Befestigung dieser Verordnung von unbegrenzter Geltung unterzeichnen wir sie eigenhändig und befehlen sie in der Bibliothek anzuschlagen.
So verfügte es Markgraf Karl Friedrich am 31. Dezember 1770. In Latein. Wir wissen das, weil die Benutzungsordnung einige Jahre später im Hof- und Staatskalender der Markgrafschaft Baden veröffentlicht wurde.
Mit seiner Benutzungsordnung bestimmte der Markgraf die Bibliothek, „die von unseren durchlauchtigsten Vorfahren angelegt und von uns vermehrt wurde“, zum öffentlichen Gebrauch. Adressat des lateinischen Statuts war das gelehrte Publikum, das sich dem „Studium der Bücher und der Schönen Künste“ widmete.
Es regelt in acht Paragraphen den Nutzungszweck, die Öffnungszeiten, das Verhalten der Nutzer in den Bibliotheksräumen, die Ausleih- und Bestellmodalitäten, die Nichtverleihbarkeit von Handschriften und seltenen Drucken, die Fürsorge- und Schadensersatzpflicht der Nutzer für beschädigtes oder verlorenes Bibliotheksgut, die Verlängerung von Leihfristen und die Bestrafung bei unerlaubter Entwendung oder Diebstahl.
Die öffentliche Nutzbarmachung der Hofbibliothek war ein längerer Prozess, der mit dem Einzug der Durlacher Bände ins Karlsruher Schloss gleich 1765 begonnen hatte.
Johann Daniel Schöpflin:
Historia Zaringo Badensis.
Bd. 4. Karlsruhe: Macklot, 1766.
S. 429: Über die Hofbibliothek
„Nemini non patet“ – „steht niemandem nicht offen“. Das ist die Formulierung, mit der Johann Daniel Schöpflin 1766 den Zugang zur Hofbibliothek in Karlsruhe beschrieb. Schöpflin (1694–1771), Professor der Geschichte an der Universität Straßburg, wurde 1760 von Karl Friedrich beauftragt, die Familiengeschichte der badischen Landesherren zu erforschen. Daraus entstand eine Geschichte Badens in sieben Bänden. Im vierten Band, 1766 erschienen, wird die Hofbibliothek in Karlsruhe genannt:
„Die Hofbibliothek, die von den meisten für mittelmäßig gehalten wurde, hat Karl Friedrich Tag für Tag vergrößert, ausgestattet und mit Büchern aller Wissenschaften und Künste vermehrt, um ihre verschiedenen Teile zu einem Ganzen zusammenzufügen. Der Zugang zu dieser Bibliothek stand allen offen.“ (Übersetzung von Ulrike Grimm)
Badische Landesbibliothek, O 43 B 43 R,4
Abbildung aus dem Freiburger Exemplar
Zum Digitalisat der Universitätsbibliothek Freiburg
Friedrich Valentin Molter:
Die Hofbibliothek.
In: Badenscher gemeinnüziger Hof- und Staatskalender für das Jahr 1786 (Abtl. 2).
S. 130f.: Text der lateinischen Benutzungsordnung.
Neben einer umfassenden Übersicht über den markgräflichen Hofstaat von den Kammerherren bis zu den Silberspülerinnen und Reitknechten bietet das Handbuch ein vollständiges Verzeichnis aller Bediensteten in den Regierungsbehörden, der Landesverwaltung und Justiz, im Militär-, Kirchen- und Schulwesen, im Jagd- und Forstwesen und der Medizinalverwaltung. Als Direktor der Hofbibliothek wird Hofrat Friedrich Valentin Molter (1722–1808) benannt.
Die zweite Abteilung des Handbuchs enthält Abhandlungen zu verschiedenen Themen der modernen Staatsführung, die den ökonomischen und gesellschaftlichen Fortschritt in der Markgrafschaft bezeugen sollen, darunter auch einen Beitrag Molters über die Hofbibliothek. Daraus erfahren wir ganz genau, wie die Hofbibliothek im Schloss aussah und welche Werke dort vorhanden waren. Der Beitrag soll aber nicht allein beschreiben, welche Buchbestände die Hofbibliothek ihren Besuchern bietet, sondern belegen, dass sie ein höchst nützliches Instrument für alle Fachgebiete ist und die aktuelle Literatur bereithält, die man in einer modernen Gebrauchsbibliothek erwarten darf.
Badische Landesbibliothek, OZA 194
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Die Benutzungsordnung von 1771
Lateinischer Originaltext der Benutzungsordnung von 1771.
In: Badenscher gemeinnüziger Hof- und Staatskalender für das Jahr 1786 (Abtl. 2), S. 130-132.
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Deutsche Übersetzung von Veit Probst.
Aus: 250 Jahre ÖFFENTLICH : die Badische Landesbibliothek 1771–2021 / herausgegeben von Julia Freifrau Hiller von Gaertringen in Verbindung mit Veit Probst, Annika Stello und Ludger Syré. - Bretten : Lindemanns GmbH ; [Karlsruhe] : Badische Landesbibliothek, 2021. - S. 15–21.
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Friedrich Leopold Brunn:
Briefe über Karlsruhe.
Berlin: Unger, 1791.
S. 199–205: Hofbibliothek.
Direkt aus Molters Beschreibung der Hofbibliothek im Hof- und Staatskalender bediente sich Friedrich Leopold Brunn (1758–1831) in seinen Briefen über Karlsruhe. Brunn war 1783/84 als Gymnasiallehrer in Karlsruhe tätig. Später wirkte er als Professor am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin.
Badische Landesbibliothek, 63 A 2632 R
Abbildung aus dem Münchener Exemplar, Germ.sp. 79
Zum Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
Johann Baptist Kolb:
Historisch-statistisch-topographisches Lexicon von dem Großherzogthum Baden.
Bd. 2. Karlsruhe: Macklot, 1814.
S. 129f. zur Hofbibliothek.
Auch Johann Baptist Kolb (1774–1816), seit 1802 als Archivar im badischen Staatsdienst tätig, zitierte Molters Beschreibung der Hofbibliothek größtenteils wortwörtlich. Sein Lexicon war die erste Landesbeschreibung des neu gebildeten Großherzogtums Baden und blieb für Jahrzehnte ein Standardwerk.
Badische Landesbibliothek, O 50 A 348,2 und O 53 A 161,2
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