Mannheims erste Gartenschau 1907
Felix Geisler 1.8.2023 14.50 Uhr
DOI: https://doi.org/10.58019/dpxj-pg53
In diesem Jahr findet die Bundesgartenschau (BUGA) in Mannheim statt. Vom 14. April bis zum 8. Oktober 2023 bietet sie zahlreiche Attraktionen und Veranstaltungen zwischen Blumenschau, Gartenbauausstellung, Sommerfest und Experimentierfeld im Luisenpark und auf dem Spinelli-Gelände in Mannheim. Ein Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung und Entwicklung von Grünflächen, Parks und Gärten in der Stadt. Dafür wurden neue Parks angelegt, vor allem auf dem Spinelli-Gelände, und bestehende Grünflächen, z.B. im Luisenpark, aufgewertet. Einen zweiten Schwerpunkt bilden relevante Fragestellungen für die Zukunft: So werden innovative Konzepte für nachhaltige Stadtentwicklung in den Bereichen Umwelt, Klima, Energie und Nahrungssicherung präsentiert. Zudem soll die BUGA 2023 eine Plattform für Kunst und Kultur sein. Es werden Kunstwerke im Freien ausgestellt, Performances und Konzerte stattfinden und kulturelle Veranstaltungen organisiert. Die Besucher und Besucherinnen können die Schönheit der Natur genießen, sich inspirieren lassen und an verschiedenen Aktivitäten teilnehmen.
Die BUGA 2023 in Mannheim ist nicht nur ein Ereignis für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt, sondern zieht auch Touristen und Touristinnen aus der ganzen Welt an. Es wird erwartet, dass die Veranstaltung einen positiven wirtschaftlichen Effekt auf die Stadt Mannheim und die gesamte Region haben wird, indem sie den Tourismus und die lokale Wirtschaft ankurbelt.
Internationale Kunst- und Gartenbauausstellung 1907
Die diesjährige Bundesgartenschau ist aber nicht die erste Veranstaltung dieser Art in Mannheim. Bereits die Internationale Kunst- und Gartenbauausstellung 1907 zum 300-jährigen Stadtjubiläum Mannheims war ein herausragendes Ereignis, das die Besucher und Besucherinnen in eine Welt voller Schönheit und Kreativität entführte. Zentraler Ort der Ausstellung war auch damals schon der beliebte Luisenpark, der extra für dieses Event umgestaltet wurde. Die Eröffnung fand am 1. Mai 1907 im Beisein des Erbgroßherzogs Friedrich II. von Baden statt.
Das Plakat der Ausstellung im Jahr 1907 „Löwe von Kurpfalz“. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 29.
Badische Landesbibliothek, Signatur O 51 B 15
Gestaltung der Landschaften und Gärten
Die Besucherinnen und Besucher wurden von einer Vielzahl an Blumen und Pflanzen begrüßt, die in kunstvollen Arrangements präsentiert wurden. Es gab prächtige Blumenbeete, duftende Rosensträucher und üppige Grünflächen, die zum Verweilen und Entspannen einluden. Die Gäste konnten durch malerische Alleen spazieren und die vielfältige Pflanzenwelt bewundern. Die Gartenanlagen waren ein Fest für alle Sinne, da sie mit ihren Düften und Farben eine harmonische Atmosphäre schufen.
Rosarium am nördlichen Haupteingang. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 58.
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Zahlreiche namhafte Künstler und Architekten der Zeit waren an der Entstehung von Sondergärten beteiligt, u.a. die Architekten Friedrich Henkel (Darmstadt), Kurt Hoppe (Mannheim), Friedrich Brahe (Mannheim), August Buchner (München), Jakob Krug (Darmstadt), die Professoren Peter Behrens (Düsseldorf), Paul Schultze-Naumburg (Saaleck), Hermann Billing (Karlsruhe) und Max Läuger (Karlsruhe). In den Sondergärten sollten Reformbewegungen sichtbar und ein neuer Gartenstil geschaffen werden. Ziel war es, dass der Garten die Natur nicht einfach nachahmen, sondern nach bestimmten Vorgaben und Gesetzen gestaltet werden sollte.
Seitenhof im Sondergarten des Prof. Peter Behrens. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 52.
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Einen besonderen Höhepunkt der Ausstellung bildete die Präsentation von Pflanzen aus aller Welt. Besucherinnen und Besucher konnten Palmen, Orchideen und andere exotische Gewächse bestaunen, die normalerweise nur in weit entfernten Ländern zu finden sind. Diese exotischen Pflanzen waren eine wahre Augenweide und faszinierten die Besucher und Besucherinnen. Es war eine einzigartige Gelegenheit, die Vielfalt der Pflanzenwelt zu entdecken und sich von der Schönheit der Natur inspirieren zu lassen.
In der Palmenhalle. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 100.
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Veranstaltungen und Programm
Neben den beeindruckenden Gärten fanden auch zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen statt, die das Thema Gartenbau in all seinen Facetten beleuchteten. Es wurden innovative Techniken und Geräte vorgestellt, die den Gartenbau revolutionierten. Besucherinnen und Besucher konnten sich über die neuesten Trends informieren und sich von Experten beraten lassen. Es wurden Workshops und Vorträge angeboten, um das bekannte Wissen über den Gartenbau zu erweitern. Daneben präsentierten sich große regionale Unternehmen in einem eigenen Bereich, der so genannten Gewerblich-technischen Abteilung, darunter die Firmen Heinrich Lanz mit Landmaschinen, die Lever Sunlicht-Seifenfabrik mit einer Fließband-Produktion, die Firma Pfaff mit Nähmaschinen und die AEG mit Glühlampen.
Pavillon der Firma Heinrich Lanz (Hersteller von Landmaschinen, heute: John Deere). In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 115.
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Zwei Schwarzwaldhäuser repräsentierten die traditionelle Architektur und Lebensweise im ländlichen Baden. Das größere wurde als typisches Fachwerkhaus mit einem charakteristischen Satteldach und einer reich verzierten Fassade neu erstellt. Es war mit traditionellen Möbeln und Dekorationen ausgestattet, um den Besuchern und Besucherinnen einen authentischen Eindruck vom Leben im Schwarzwald zu vermitteln. Das kleinere wurde der Stadt Mannheim geschenkt. Um die Schwarzwaldhäuser herum wurden verschiedene Garten- und Landschaftsgestaltungen präsentiert, die typisch für die Region waren. Es gab beispielsweise einen Bauerngarten mit traditionellen Nutzpflanzen und Kräutern, einen Blumengarten mit bunten Blumenbeeten und einen Waldgarten mit heimischen Bäumen und Sträuchern.
Schwarzwald-Anlage: Neues Schwarzwaldhaus vorne, rechts davon das alte. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 45.
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Besonderen Anklang bei den Besucherinnen und Besuchern fanden der Vergnügungspark mit Wasserrutsche, Rodelbahn, Luftschiffkarussell, Marionettentheater und Schießbude wie auch das Programm mit Sonderausstellungen, Vorträgen, Konzerten, Feuerwerk sowie Illuminationen des Wasserturms und seiner Wasserspiele.
Konturenbeleuchtung und Leuchtfontäne am Wasserturm. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 172.
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Beliebt war außerdem das Abessinierdorf, ein Projekt, das man heute wohl als einen rassistischen Menschenzoo bezeichnen würde, in dem etwa 80 Menschen aus Äthiopien ein halbes Jahr lang ein trauriges Dasein fristeten. Ein vielfältiges kulinarisches Angebot konnten die Gäste im Hauptrestaurant am Wasserturm, in den Cafés, in einer Zillertaler Sennhütte, einer Spießbraterei, in der Weinhalle „Zur lustigen Witwe“, im Teichrestaurant, im Spezialausschank der Großherzoglichen Staatsbrauerei Rothaus, in der Waffelbäckerei, im Zuckerwaren-Pavillon, im Milchausschank und an weiteren Orten genießen.
Zillertaler Sennhütte, dahinter die Rutschbahn. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 123.
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Die Augusta-Anlage, die zentrale Achse der Gartenschau zwischen Wasserturm, Rosengarten, Kunsthalle und Luisenpark, wurde als Teil eines umfassenden städtebaulichen Projekts konzipiert, das darauf abzielte, die Stadt Mannheim zu verschönern und ihre Attraktivität zu steigern. Die Anlage wurde entlang des ehemaligen Festungswalls angelegt, der zuvor die Stadtgrenze markierte. Durch die Anlage wurde der Bereich zwischen Innenstadt und umliegenden Vororten harmonisch miteinander verbunden. Bis heute bestimmt sie das Stadtbild.
Kunstausstellung
Neben der Gartenschau gab es auch eine beeindruckende Kunstausstellung, welche die Besucherinnen und Besucher begeisterte. Künstler und Künstlerinnen aus der Region hatten eigens für die Ausstellung Werke geschaffen, die die Schönheit der Natur und die Bedeutung des Gartenbaus hervorhoben. Gemälde, Skulpturen und andere Kunstwerke wurden in den Gärten und Ausstellungshallen präsentiert und schufen eine einzigartige Verbindung von Kultur und Natur. Die Gäste konnten die Werke bewundern und sich von ihrer Kreativität und Originalität inspirieren lassen.
Der Bau der renommierten Kunsthalle hatte bereits im Jahr 1905 begonnen. Das Gebäude wurde von dem Karlsruher Architekten Hermann Billing entworfen und im Jugendstil errichtet. Es ist ein architektonisches Meisterwerk. Im Jahr der Gartenschau 1907 wurde die Kunsthalle Mannheim eröffnet. Das Museum ist heute bekannt für seine bedeutende Sammlung von Werken des deutschen Expressionismus und der klassischen Moderne.
Rückansicht der Kunsthalle mit Parkbrunnen und Brücke. In: Friedrich Walter/Hermann Schade: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim 1907, S. 40.
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Positives Fazit der Garten- und Kunstausstellung 1907
Die Garten- und Kunstausstellung von 1907 war insgesamt ein voller Erfolg und zog mehr als vier Millionen Besucherinnen und Besucher aus der Region und darüber hinaus an, darunter Prinz Heinrich von Preußen, den König von Siam und den Vizekönig von Ägypten. Sie bot eine einzigartige Gelegenheit, die Vielfalt der Pflanzenwelt zu entdecken, sich von der Schönheit der Natur inspirieren zu lassen und die Kreativität der regionalen Künstler und Künstlerinnen zu bewundern. Die Ausstellung war nicht nur ein Fest für die Sinne, sondern auch eine Plattform für den Austausch von Wissen und Ideen im Bereich des Gartenbaus und der Kunst. Sie hinterließ einen bleibenden Eindruck bei den Besuchern und trug zur Förderung des Gartenbaus und der Kunst in der Region bei.
Anlässlich dieser Ausstellung erschienen einige Publikationen, die einen eindrucksvollen Einblick in die Ereignisse vor mehr als hundert Jahren bieten: Der offizielle Katalog zur Gartenbauausstellung, ein Führer durch die Landschaften und Kunstexponate sowie ein Gedenkbuch zu den Veranstaltungen im Jahr 1907 zum 300. Stadtjubiläum sind neben weiteren Veröffentlichungen in der Badischen Landesbibliothek verfügbar. Die Werke zeugen nicht nur von einer gelungenen und erfolgreichen Ausstellung, sondern veranschaulichen auch, welche Auswirkungen eine solche Ausstellung auf eine Stadt ganz allgemein zeigt und wie sich konkret Mannheim im Laufe der Zeit entwickelt hat.
Literatur
- Jubiläums-Ausstellung Mannheim 1907. Führer durch die Internationale Kunst- und grosse Gartenbau-Ausstellung. Mannheim: Ausstellungsleitung, 1907. Badische Landesbibliothek, Signatur O 61 A 385
- Jubiläums-Ausstellung Mannheim 1907. Offizieller Katalog der Gartenbau-Ausstellung. Mannheim: Verlag der Dr. H. Haas’schen Buchdruckerei, 1907. Badische Landesbibliothek, Signatur O 56 A 294
- Ragge, Peter W.: Die erste Gartenschau. In: Mannheimer Morgen vom 15. April 2023 (Beilage „Wochenende“, Seite 5). Badische Landesbibliothek, E-Paper-Katalog (nur zugänglich an den stationären Rechnern in der Bibliothek: URN, URL)
- Walter, Friedrich/Schade, Hermann: Mannheim 1907. Ein Gedenkbuch über das Jubiläumsjahr und seine Ausstellung. Mannheim: Verlag der Dr. H. Haas’schen Buchdruckerei, 1907. Badische Landesbibliothek, Signatur O 51 B 15
Mannheim
Bundesgartenschau
Jubiläum 1907
Luisenpark Mannheim