Ostern - Gründungsfest des Christentums

Ausschnitt aus der Handschrift "Sanctilogium Salvatoris", London, um 1425.

Sanctilogium Salvatoris
Handschrift auf Pergament
London, um 1425
Badische Landesbibliothek, Cod. St. Georgen 12, fol. 73v (Ausschnitt)

Annika Stello 31.3.2021 9.00 Uhr

DOI: https://doi.org/10.58019/s891-jg10

Kennen Sie eigentlich die ganze Ostergeschichte? Wie Jesus zuerst eine Woche vor Ostern nach Jerusalem kommt und von der Bevölkerung wie ein Star gefeiert wird? Wie er am Gründonnerstag im Wissen um das bevorstehende Unheil mit seinen Jüngern gemeinsam zu Abend isst und ihnen diese Abendmahlsgemeinschaft als verbindendes Element ans Herz legt, bevor er sich zum Gebet in den Garten Gethsemane zurückzieht? Wie er dort durch den Verrat seines Jüngers Judas festgenommen wird, vom jüdischen Sanhedrin an die römische Provinzialverwaltung überstellt und von dieser als Aufrührer in der notorisch rebellischen Provinz Judäa verurteilt wird? Wie er am Karfreitag durch Kreuzigung hingerichtet und anschließend in einem Kammergrab bestattet wird, drei ihm nahestehende Frauen das Grab aber am Ostersonntag leer vorfinden? Ostern wird so zum wichtigsten Fest des Christentums, denn die Ostergeschichte überliefert den zentralen Kern der christlichen Heilslehre: Die Auferstehung Jesu, der sich zur Erlösung der Menschheit freiwillig geopfert hat, den Tod dann aber überwinden konnte. Es ist die Geschichte, die das Christentum nach und nach vom Judentum trennen und zu einer eigenständigen, neuen Religion machen wird.

Osterbilder gibt es daher viele. Sie zeigen meist entweder die Kreuzigung oder das Abendmahl oder auch die drei Frauen am leeren Grab, oft noch mit einem Engel davor, wie es in den Evangelien beschrieben wird. Wir haben in diesem Jahr ein Bild ausgesucht, das gleich mehrere dieser Ostermotive vereint.  Man sieht den auferstehenden Christus, der sich nur in sein Leichentuch gehüllt aus dem Sarg erhebt; die Soldaten, die das Grab bewachen sollten, fallen vor Schreck zu Boden. Im Hintergrund ist noch der Hügel Golgatha mit dem darauf stehenden Kreuz zu erkennen, an dem Jesus hängt. Links im Bild aber ist Maria, die Mutter Jesu dargestellt. Sie gehört nach der Erzählung der Evangelien zwar nicht zu den drei Frauen, die das leere Grab finden; hier allerdings kniet sie zuhause an ihrem Betpult und sieht von dort aus ihren vom Tode auferstandenen Sohn.

Das Bild stammt aus einer spätmittelalterlichen Handschrift mit Heiligenlegenden. Dort leitet es den Monat April ein, der mit dem Gedenktag für die heilige Theodora beginnt, die unter Kaiser Aurelian zusammen mit mehreren anderen Christen in Rom zur Märtyrerin wurde, wie der Text sagt. Es gibt übrigens mehrere heilige Theodoras. Welche von ihnen hier gemeint ist, ist unklar – wahrscheinlich wurden die Legenden verschiedener Theodoras vermischt. Die großformatige Handschrift entstand im 15. Jahrhundert in England, die Bilder wurden vermutlich von einem flämischen Buchmaler gestaltet, der in London wirkte. Das Buch hatte Margaret, die Herzogin von Clarence (1385–1439) in Auftrag gegeben, die nach 1410 in zweiter Ehe mit Thomas von Lancaster, Herzog von Clarence verheiratet war, dem zweiten Sohn des englischen Königs Heinrich IV. Margaret bestellte die Handschrift als Geschenk für das auf königliche Initiative hin 1415 neu gegründete Kloster Syon in der Nähe von London. Syon war das einzige Birgittenkloster auf englischem Boden und hatte nur kurz Bestand: Bereits 1539 wurde es im Zuge der Kirchenreform unter König Heinrich VIII. aufgelöst, die Gemeinschaft musste fliehen. Dabei wurde auch die Bibliothek des Klosters zerstreut. Das Buch mit Heiligenlegenden, das besonders schöne Buchmalereien mit vielen Bezügen zur heiligen Birgitta von Schweden, der Stammmutter des Birgittenordens, aufweist, gelangte 1642 in den Besitz des Benediktinerklosters St. Georgen in Villingen und von dort aus 1807 in die Karlsruher Hofbibliothek. Es ist allerdings nur der erste von zwei Bänden – der zweite Band ist seit 1539 verschollen. Und so sind uns hier nur die Heiligenlegenden für die Monate Januar bis August und einen Teil des Septembers erhalten. Das Osterbild illustriert dabei den Beginn des Monats April und passt daher in diesem Jahr, in dem Ostern auf das erste Aprilwochenende fällt, besonders gut. Die ganze Handschrift mit ihren schönen Bildern – und noch andere mit vielen weiteren Osterbildern – finden Sie zum Durchblättern in den Digitalen Sammlungen der BLB.

In diesem Sinne: Frohe Ostern!

Osterbilder
Ostern

 

Nicht unterstützter Web-Browser!

Ihr verwendeter Web-Browser ist veraltet und kann daher einige der modernen Funktionen der Webseite www.blb-karlsruhe.de nicht unterstützen.
Um diese Webseite nutzen zu können und sich sicher im Internet zu bewegen, verwenden Sie bitte einen der folgenden Web-Browser:

Mozilla inc., Firefox
Google inc., Chrome
Google inc., Chromium