Verkehrsmittel als Attraktion
Ausstellungsansicht
Schon früh umwarben Transportunternehmen explizit eine touristische Klientel. Die Bedeutung von Freizeitgästen zeigte sich bereits vor dem Bau neuer Strecken, wie etwa bei der Höllentalbahn. Die Schwarzwaldgemeinde Hinterzarten begründete den Bedarf einer Eisenbahn bereits 1864 so: „Der Schwarzwald zieht ferner durch seine Naturschönheit zahlreiche in- und ausländische Reisende an; viele Nervenkranke suchen in der Sommerfrische seiner schärferen Luft Stärkung und Heilung.“ Das Verkehrsmittel selbst wurde zum Motiv der Werbeprodukte. Plakate der Mittel-Thurgau-Bahn oder der Bodensee-Toggenburgbahn in der Schweiz lenken den Blick auf die malerische Landschaft und zeigen zugleich die technische Meisterleistung.
Bodensee-Toggenburgbahn, 1912
Reproduktion, 139 x 98 cm,
Bern, Schweizerische Nationalbibliothek, Graphische Sammlung, Plakatsammlung, SNL_TOUR_1520
© Schweizerische Südostbahn AG
Das Hauptmotiv des Plakates ist – wie bei vielen Eisenbahnplakaten dieser Zeit – die landschaftsverändernde Architektur eines Viadukts. Von einem erhöhten Standpunkt aus fällt der Blick zwischen zwei Stämme hindurch auf das Sitter-Viadukt, welches das Tal der Sitter bei St. Gallen überspannt. Mit 365 Metern Länge und 99 Metern Höhe handelt es sich um die höchste Eisenbahnbrücke der Schweiz. Das Plakatmotiv entstand ursprünglich 1910, im Jahr der Fertigstellung der Toggenburgbahn, und wurde in leicht veränderter Form auch für Anzeigen und Werbebroschüren verwendet.
Dampfschifffahrt
Der Streckenausbau der Bahnlinien hatte direkte Auswirkungen auf die Dampfschifffahrt am Bodensee. Die Schiffe waren noch bis Mitte der 1870er-Jahre wichtigstes Transportmittel für Menschen und Waren auf Rhein und Bodensee gewesen. In Konkurrenz zur schnelleren Eisenbahn geraten, richteten sich die Vereinigten Dampfbootverwaltungen direkt an Freizeitgäste. Auf Plakaten kombinierten sie die romantische Bildsprache der Bodenseelandschaft und Dampfschiffe mit sachlichen Informationen zu Abfahrtszeiten. Ein Fahrplanplakat zeigt neben dem gesamten Schiffsfahrplan für Ober- und Untersee außerdem die Eisenbahnanschlüsse, eine Informationsverknüpfung, die das Reisen für die Fahrgäste besonders bequem machte.
Heute sind die Schiffe bei Touristinnen und Touristen ein beliebtes Transportmittel, um eine Fahrradtour auf dem Bodensee-Radweg an anderer Stelle fortzusetzen oder eine Wanderung zu unterbrechen.
Johannes Weber (1846–1912) / Peter Balzer (1855–1916): Bodensee und Rhein, 1887
Reproduktion, 99 x 65 cm
Windisch, SBB Historic, P_B09_0003de
Das Plakat erschien von 1886 bis 1896 jährlich mit aktualisiertem Sommerfahrplan und richtete sich explizit an ein touristisches Publikum. Die Vereinigten Dampfbootverwaltungen für Bodensee und Rhein versuchten auf diese Weise den schwindenden Umsätzen entgegenzuwirken. In einer Vignette ist das Dampfschiff „Bodan“ dargestellt. Die beiden Künstler des Plakats waren beim Züricher Verlag Orell Füssli angestellt. Im Feld „Bemerkungen“ sind die unterschiedlichen Zeitangaben für die Anrainerstaaten angegeben. Erst ab dem 1. April 1892 war die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) für die deutschen Staaten verbindlich und wurde zwei Jahre später auch in der Schweiz eingeführt.
Neuestes Panorama vom Bodensee
Darmstadt: ca. 1905, Badische Landesbibliothek, 977121 E
Zum Digitalisat
Die Kunstanstalt Lautz & Isenbeck aus Darmstadt stellte zahlreiche Leporellos im Querformat her. Die aufwendige Gestaltung lässt darauf schließen, dass sich die Publikationen an eine gehobene Klientel richteten. Das Panorama zeigt komplett aufgeschlagen den Bodensee, wobei der Blick von Westen (Konstanz) nach Osten (Bregenz) gerichtet ist. Die Stadt Bregenz, eigentlich im Südosten des Sees gelegen, ist am oberen Ende der Karte zu sehen. Zahlreiche Vignetten in unterschiedlichen Formaten zeigen Sehenswürdigkeiten entlang des Sees, die über das Streckennetz der Dampfschifffahrt miteinander verbunden sind. Anmutige Blumen- und Pflanzenranken dekorieren die Ansichten, die durch umgeknickte Seitenränder als Postkarten ausgewiesen werden.
Fridolin Becker: Karte von Bodensee, Rhein & Bregenzerwald mit den angrenzenden Gebieten von Baden, Württemberg, Bayern, Österreich und der Schweiz
Stuttgart / Bern 1925
MP 12335
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Die Karte im Maßstab 1:125.000 erschien im Volksverlag für Wirtschaft und Verkehr und zugleich im Geographischen Kartenverlag Bern. Die Reliefkarte zeigt die wichtigsten Transportwege und unterscheidet zwischen Normal- und Schmalspurbahnen, Straßenbahnen, Kunststraßen der 1. und 2. Klasse – dem damaligen Begriff für Landstraßen –, Dampfschifflinien sowie Fuß- und Wanderwegen. Auch die Landes- und Staatsgrenzen sind eingezeichnet. Auf der Rückseite sind wichtige Erläuterungen zu Ausflugszielen und Transportwegen aufgeführt. Der Schweizer Fridolin Becker (1854–1922) war von 1876 bis 1894 für das Eidgenössische Topographische Bureau tätig und ab 1901 Professor für Topografie, Plan- und Kartenzeichnen an der ETH Zürich.
Rheinschifffahrtsverband Konstanz e.V. Nordostschweiz / Schifffahrtsverband Rhein-Bodensee-St. Gallen (Hg.): Rheinschiffahrt Basel-Bodensee
Konstanz / St. Gallen: 1926,
Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung
WL000058
Die reich bebilderte Broschüre gibt einen Überblick über die Ausbaupläne vom Oberrhein bis an den Bodensee. Die Oberrheinschifffahrtsverbände hatten durch Lobbyarbeit erreicht, dass die Regierungen von Baden und der Schweiz 1913 einen Wettbewerb zur Durchführung eines „Großschifffahrtsweges“ auslobten. Bis heute erscheint die Forderung, dass der Ausbau „nachhaltig und energisch vertreten und verfochten“ werde, sehr zeitgemäß. Der Ausbau kam vor allem der Industrie zu Gute. So verringerten sich die Transportkosten von einer Tonne Kohle von Basel nach Konstanz von 12,50 Mark mit der Bahn auf 6,65 Mark mit dem Schiff.
Schiffahrt auf dem Bodensee und Rhein. Obersee, Überlingersee, Untersee und Rhein
1934, Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung,
WL000066
Der Sommerfahrplan, der vom 15. Mai bis 7. Oktober 1934 gültig war, wurde als Gemeinschaftspublikation von den Schifffahrtsämtern in Bregenz, Lindau, Friedrichshafen, Konstanz, Romanshorn und Schaffhausen herausgebracht. Die grenzüberschreitende Kooperation kam im Zweiten Weltkrieg zum Erliegen. Das Faltprospekt richtete sich an Urlaubsgäste aus ganz Baden, die auch mit der Bahn angereist kommen konnten. Beim Kauf von Fahrkarten für Rundreisen mit der Bahn konnten die Fahrgäste auf eine Ermäßigung von 20 bis 25 Prozent des Fahrpreises hoffen. Die Reiseroute Nr. 28 führte von Offenburg mit der Schwarzwaldbahn bis an den Bodensee, wo die Reise per Schiff weitergeführt werden konnte.
Schweizerische Dampfbootgesellschaft für Untersee und Rhein (Hg.): Vom Bodensee zum Rheinfall. Konstanz-Schaffhausen.
Zürich: 1905, Stein am Rhein, Jakob und Emma Windler Stiftung
WL000060
Die aufwendig gestaltete Publikation im Jugendstileinband aus der Reihe „Europäische Wanderbilder“ erschien beim Züricher Verlag Orell Füssli. Sie wurde in Kooperation mit dem englischen Verlag C. Smith & Son in London unter dem englischsprachigen Titel „Illustrated Europe“ oder auf Französisch als „L’Europe illustré“ veröffentlicht. Die Reihe richtete sich an ein gehobenes, fremdsprachiges Publikum. Die Dampfbootgesellschaft versprach sich durch diese Veröffentlichung zusätzliche Kundschaft und ein gesteigertes Renommee. Die umrahmte Grafik im Zentrum des Einbands zeigt das Dampfboot „Arenaberg“ vor dem Konstanzer Münster.