Zum Start eines neuen Digitalisierungsprojekts: Verkehr und Mobilität in Baden

Jana Madlen Schütte 29.10.2021 11.30 Uhr

DOI: https://doi.org/10.58019/b5gy-qp12

In der 140. Ausgabe des Großen Straßburger hinkenden Boten von 1947, eines seit 1806 in Straßburg erschienenen Kalenders, findet sich ein Rückblick, der auch die Veränderung des Verkehrswesens in diesem Zeitraum aufnimmt und aus der Perspektive des personalisierten „Boten“ berichtet. Dessen Reisen, also seine Zustellung, fanden zunächst noch mit der Postkutsche statt, bis das Dampfschiff und die Eisenbahn genutzt werden konnten. Der Bericht endet mit dem Ausruf: „Nun werde ich selbst in das entlegenste Dörfchen mit Autos gefahren.“ Dieses Beispiel zeigt sehr anschaulich, welche Änderungen der Ausbau der Verkehrswege und die Einführung neuer Beförderungsmittel zur Folge hatten. Dank der Finanzierung durch die Stiftung Kulturgut kann in einem seit Oktober 2021 bestehenden Digitalisierungsprojekt an der Badischen Landesbibliothek nun eine breite Quellenbasis digital zur Verfügung gestellt werden, die der Erforschung des Themenspektrums dient. Die auf diese Weise zugänglich gemachten Quellen stellen besonders für wirtschafts- und sozialgeschichtliche Fragestellungen sowie für die Alltagsgeschichte des 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eine wahre Fundgrube dar.

Ausgabe des Großen Straßburger hinkenden Boten von 1947, S. 6.

Ausgabe des Großen Straßburger hinkenden Boten von 1947, S. 6.

Eisenbahn und Schifffahrt in Baden

Der Rhein war schon in der Römerzeit eine bedeutende Wasser- und Handelsstraße, im 19. Jahrhundert stieg das Verkehrsaufkommen stark an. Nach dem Wiener Kongress trat 1816 in Mainz eine Kommission (die spätere Zentralkommission für die Rheinschifffahrt) zusammen, um für die Rheinschifffahrt eine gemeinsame Übereinkunft der Rheinuferstaaten zu erarbeiten. Auch in Baden setzten regulierende Bestrebungen ein: In Karlsruhe wurde am 22. September 1825 die Großherzoglich Badische Rheindampfschifffahrtsgesellschaft gegründet, die den Personen- und Frachtverkehr zwischen Mannheim und Basel durchführen sollte. Mannheim baute 1840 den bereits 1828 angelegten Hafen um und aus. Der Rhein war aber nicht nur ein Energielieferant und Transportweg für Waren und Menschen, sondern auch durch zahlreiche Überflutungen eine Gefahr für die in seinem Umfeld befindlichen Dörfer und Städte. Daher wurden längere Zeit Pläne zur Begradigung des Rheins geschmiedet, die Johann Gottfried Tulla und seine Nachfolger zwischen 1817 und 1876 umsetzten. Sie machten den Rhein uneingeschränkt schiffbar und sicherten das Land um ihn herum für die Landwirtschaft. 

Übersicht aus: Johann Gottfried Tulla, Ueber die Rektifikation des Rheins, Karlsruhe 1825

Übersicht aus: Johann Gottfried Tulla, Ueber die Rektifikation des Rheins: von seinem Austritt aus der Schweitz bis zu seinem Eintritt in das Großherzogthum Hessen, Karlsruhe 1825, S. 47.

Noch stärkeren Einfluss auf das Leben der Menschen in Baden nahm die Eisenbahn. Sie veränderte nicht nur die Wirtschaft, indem sie die Transportwege verkürzte und somit für einen schnelleren Warenaustausch sorgte, sondern auch das Leben der Menschen, indem sie Entfernungen überbrückte und den Umgang mit Geschwindigkeiten veränderte. Am 29. März 1838 wurde in Baden das „Gesetz über die Erbauung einer Eisenbahn von Mannheim bis zur Schweizer Grenze bei Basel“ erlassen. Nur fünf Jahre nachdem die erste deutsche Eisenbahnstrecke von Nürnberg nach Fürth eingeweiht worden war, nahm die erste badische Strecke zwischen Mannheim und Heidelberg am 12. September 1840 den Betrieb auf und kam damit der ersten württembergischen Bahn um fünf Jahre zuvor. Die ersten Lokomotiven in Baden hatten eine Spitzengeschwindigkeit von 37 Kilometern pro Stunde und der erste Lokomotivführer war Hans Georg Benz, der Vater des späteren Automobilerfinders Carl Benz.

Bekanntgabe zur Eröffnung der Einsenbahnstrecke zwischen Mannheim und Heidelberg am 12. September 1840 in der dem Wochenblatt für die Bezirksämter Sinsheim, Neckarbischofsheim und Wiesloch vom 18. September 1840.

Bekanntgabe zur Eröffnung der Einsenbahnstrecke zwischen Mannheim und Heidelberg am 12. September 1840 in der dem Wochenblatt für die Bezirksämter Sinsheim, Neckarbischofsheim und Wiesloch vom 18. September 1840.

1843 folgte die Strecke zwischen Heidelberg und Karlsruhe und 1845 diejenige zwischen Karlsruhe und Freiburg. Bald wurde die Residenzstadt Karlsruhe zu einem Eisenbahnknotenpunkt. Die physische Beschaffenheit des Schwarzwaldes mit seinen Bergen und Schluchten war lange Zeit ein großes Problem für den Eisenbahnbau. In den 1860er Jahren gelang es dem Ingenieur Robert Gerwig, die Höhendifferenzen auszugleichen und die Bahn durch den Schwarzwald zu bauen. Die steilste Strecke Deutschlands mit einem Höhenunterschied von 441 Metern führte von Freiburg nach Donaueschingen. Um 1900 besaß jede zweite Gemeinde in Baden einen eigenen Bahnanschluss.

Digitalisierungsprojekt an der BLB

Die Entwicklung und Ausgestaltung des Güter- und Personenverkehrs in Baden lässt sich anhand verschiedener Zeitungen und Berichte nachvollziehen. Drei besonders relevante Quellenbestände wurden für die Digitalisierung ausgewählt. 
Zunächst ist das Verordnungs-Blatt der Großherzoglichen Ober-Post-Direction zu nennen. Das Verordnungs-Blatt und seine Fortsetzungen erschienen von 1837 bis 1946 in Karlsruhe. Berichtet wurde über Gebühren sowie Änderungen und Regelungen im Güter- sowie Personenverkehr. Immer stärker wurde im Laufe der Zeit auch der Verkehr über die Grenzen Badens hinaus zum Thema.

Für die Schifffahrt wurden die Jahresberichte und Protokolle der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt zum Leitmedium. Sie erschienen von 1818 bis 1935 in Mannheim und Mainz. Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt hat ihre Protokolle und Jahresberichte für die Region Baden jährlich veröffentlicht. Der Jahresbericht enthält Informationen zur Sicherheit auf dem Fluss und Maßnahmen bei Unfällen sowie allgemeine Regelungen zum Güter- und Personenverkehr. Die Protokolle der Zentral-Kommission für die Rhein-Schifffahrt wurden 1818 bis 1842 handschriftlich geführt. Von 1843 bis 1892 liegen die Protokolle bis auf einzelne Ausnahmen gedruckt vor. Die Protokolle sind in deutscher, französischer und holländischer Sprache verfasst und behandeln vorwiegend Personalangelegenheiten, Gebühren, Zölle, polizeiliche Verordnungen und statistische Analysen.

Beide Verkehrswege – zu Wasser und zu Land – hat das Verordnungsblatt für die Großherzoglich Badische Verwaltung des Wasser-, Straßen- und Eisenbahnbaues zum Inhalt. Das Verordnungsblatt und seine Fortsetzungen erschienen von 1839 bis 1929 in Karlsruhe. Der Erscheinungsbeginn 1839 fällt in die Zeit, in der in Baden die erste Eisenbahnstecke entstand und die Wasserwege verstärkt ausgebaut wurden. Das Blatt enthält daher auch Verordnungen, die alle Verkehrswege zu Wasser, Land und auf der Schiene betreffen. 

Ergänzend zu den seriellen Quellen sind ausgewählte Drucke aus dem Bestand der Badischen Landesbibliothek zum Themenbereich Verkehr für die Digitalisierung vorgesehen. Dabei handelt es sich sowohl um normative Quellen wie Gesetze und Vorschriften bezüglich der Rheinschifffahrt (Sammlung von 1889) oder die Rheinschiffahrts-Polizei-Ordnung von 1897 als auch um Abhandlungen, die den zeitgenössischen Diskussionsstand zum Thema wiedergeben. So gibt es im 19. Jahrhundert zahlreiche Schriften über die Notwendigkeit des Eisenbahnbaus in politischer Hinsicht und über die technischen Schwierigkeiten des Eisenbahnbaus in unwegsamem Gelände. Bald entstanden zudem Handbücher für Eisenbahn-Reisende durch Baden.
 

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