Kinder – Märchen und Schwänke

In den 1930er Jahren etablierte sich das Sammelalbum auch als Kinder- und Jugendbuch. Der größte Verkaufserfolg überhaupt waren die Deutschen Märchen des Cigaretten-Bilderdienstes des Zigarettenkonzerns Reemtsma in Hamburg. Sie kamen 1939 in einem einzigen Jahr auf eine Auflage von 1,65 Millionen Exemplaren. Dieser Erfolg veränderte einen wichtigen Parameter: Es ging nämlich nicht mehr um das Sammeln, Ordnen, Systematisieren von Wissen in Bildern, die allenfalls durch eine Beschriftung bezeichnet waren, sondern es wurden Geschichten erzählt, die mit den Bildern illustriert wurden. Man benötigte nicht mehr ein Leeralbum zum Einheften des Sammelgutes – man erwarb einen gedruckten Text mit Leerstellen für Abbildungen.

In den 1950er Jahren waren es vor allem die Margarinefirmen, die sich hier einen Absatzmarkt erschlossen. Sie setzten auf den Quengelfaktor und bahnten durch direkte Ansprache der Kinder den Weg von Tafelperle, Nussella oder Alsan in die Einkaufskörbe der Mütter. Sanella in Hamburg brachte Abenteuerreisen in alle fremden Erdteile heraus. Thormählen in Elmshorn erzählte die Geschichte des Drachentöters Siegfried neu. Und die ebenfalls in Elmshorn niedergelassene Margarinefabrik Wagner stellte den Kindern ihrer Kundinnen Abenteurer und Entdecker, Schelme und Narren vor.

Elmshorn in Holstein war zeitweise das Zentrum der Sammelbildproduktion, denn auch die dort ansässige Firma Köllnflocken verschrieb sich dem Kinderbuch mit Sammelbildern. Der Konkurrenzdruck trieb das Sammelbildergeschäft der Margarinehersteller in ein eklatantes Missverhältnis zwischen Aufwand und Gewinn – am 1. März 1954 beschloss man gemeinschaftlich das Aus für die Sammelbilder-Produktion. Nur Köllnflocken behielt das Werbemittel bis 1974 bei.

Ein anderes, besonders langlebiges und erfolgreiches Geschäftsmodell der Belohnung eifriger Kinder durch Sammelbilder verfolgte das Druckerei- und Verlagsunternehmen Herba in Plochingen. Es produzierte zwischen 1947 und 1995 ungezählte Sammelbildalben zu allen Wissensgebieten „für Schule und Heim“, insbesondere zu Themen aus der Natur, die von renommierten Wissenschaftlern verantwortet wurden. Die Sammelbilder wurden beim Schulsparen ausgegeben.

Im Fokus steht die mittlere Zeichnung, in welcher vier Mädchen beim Seilspringen abgebildet wurden.

Vexierbilder XVII: Kinderspiele.
[Antwerpen]: Liebig's Company, [1897].
Druckerei: Liebich und Kuntze, Leipzig.
Arnhold/Spielhagen Nr. 383.

  1. Schneeballschlacht
  2. Reifenspiel
  3. Huckepack
  4. Ballspiel
  5. Blindekuh
  6. Seilspringen

Vexierbilder zeigen außer der offenkundigen Abbildung noch eine weitere, mehr oder weniger schwer zu entdeckende verborgene Abbildung. Liebig brachte zwischen 1887 und 1898 insgesamt zwanzig solcher Serien heraus.

Badische Landesbibliothek: 121 F 282 R

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Zu sehen ist eine Illustration einer Großmutter mit ihren fünf Enkelkindern auf dem Einband des Buches. Die Kinder, drei Buben und zwei Mädchen, sind alle im unterschiedlichen Kindesalter, die Großmutter hat ein Buch auf dem Schoß und erzählt ihnen eine Geschichte. Über ihren Köpfen schwebt ein roter Schriftzug „Deutsche Märchen“.

Deutsche Märchen.
531.–630. Tausend.
Hamburg: Cigaretten-Bilderdienst, 1939.

Das Album versammelt 51 der in Deutschland beliebtesten Märchen und konnte damit die Märchenbände von Andersen, Hauff und Grimm im kindlichen Bücherregal ersetzen.

Die Zusammenstellung hatte der Schriftsteller Paul Alverdes übernommen, die hundert farbigen Bilder der Münchener Grafiker Paul Hey im Auftrag der Firma Reemtsma geschaffen.

Das Sammelalbum erschien 1939 mit rund 100 Illustrationen. Es war zum Preis von einer Reichsmark für jedermann erschwinglich. Die Bilder zu den Märchen gab es jeweils beim Kauf einer Schachtel Zigaretten.

Badische Landesbibliothek: 124 F 123
Geschenk von Renate Karcher, Karlsruhe

Aus Urheberrechtsgründen nicht digitalisiert.

Illustration der Figur Wurzelputz. Hierbei handelt es sich um einen kleinen Zwerg, welcher von Blumen und Insekten umgeben ist und ein Schild mit seinem Namen hebt.

Wurzelputz. Die Geschichte eines kleinen Zwerges.
Text: Lore Aldinger.
Idee und Gestaltung Hermann Kuhn.
Heilbronn: C. H. Knorr AG, [1954].

In Baden-Württemberg hatte auch die Heilbronner Firma Knorr die ganze Entwicklung des Sammelbilder-Marketings mitgemacht. Schon um 1900 erschienen erste Kaufmannsbilder-Serien, in den 1930er Jahren gab Knorr eigene Sammelbilderalben für Kinder und Jugendliche heraus. Wie andere Lebensmittelfirmen auch setzte Knorr in den 1950er und 1960er neu auf dieses Werbemittel. Fünf verschiedene Titel des Knorr-Bilderwerks sind bekannt.

Die Geschichte des Zwerges Wurzelputz ist ein speziell für Knorr produziertes Kinderbuch der Autorin Lore Aldinger und des Illustrators Hermann Kuhn, über die sonst nichts Näheres bekannt ist. Das Märchen aus der Insektenwelt erzählt von der Reise des Wurzelputz zur Hochzeit seiner Cousine Pilzelinchen mit dem Wichtelkönig Borst und von dem unsichtbar machenden Wundernetz, das ihm die Kreuzspinne Eulalia als Dank für ihre Rettung geschenkt und das ihm die Motte Wollanie gestohlen hat. Glücklicherweise findet es sich nach einigem Suchen wieder.

Ihr jungen Freunde! Liebe Kinder!
Und Ihr Erwachsenen nicht minder:
Im stillen habt ihr wohl gelacht,
wie Wurzelputz im großen ganzen
im Reich der Tiere und der Pflanzen
es ähnlich wie die Menschen macht.
Nur hat der Mensch es mit der Nahrung
doch leichter durch die KNORR Erfahrung.
Warum? Nun, Mutter weiß Bescheid:
KNORR gibt ihr viele Möglichkeiten,
rasch etwas Gutes zu bereiten,
so daß ihr niemals hungrig seid.
Da lohnt sich’s schon der Güte wegen,
beim Kauf den Ton auf KNORR zu legen.
Wer KNORR verlangt, hat es nie bereut.
Drum: Gustl, Peter, Klärchen, Irma –
wie ihr auch heißt: Denkt an die Firma,
die Euch ein Leben lang erfreut!

Ihr müßt probieren, müsst entdecken,
wie lecker KNORR Gerichte schmecken!
Diesen Rat zu gutem Nutz
gibt euch euer Wurzelputz.

Badische Landesbibliothek: 124 F 128
Geschenk von Manfred Link, Karlsruhe

Aus Urheberrechtsgründen nicht digitalisiert.

 

Einband des Buches „Die schönsten Märchen“. Auf einem blauen Hintergrund wurden diverse Märchenfiguren gezeichnet, welche in den Sternenhimmel schauen. In diesem sind vereinzelt auch fliegende Figuren zu sehen.

Die schönsten Märchen von Bechstein, Storm, Andersen und Hauff.
Einbandentwurf, Bilder und Buchschmuck von Wilhelm Petersen.
Elmshorn: Köllnflocken-Werke, 1953.
Serie 8, 36 Bilder.

In den 1930er-Jahren brachte das Unternehmen Peter Kölln erstmals Haferflocken in kleinen Haushaltspackungen auf den Markt. Bis dahin waren Haferflocken in den Kolonialwarenläden lose angeboten und am Verkaufstresen abgewogen worden. 1938 wurden Blütenzarte Köllnflocken in der hellblau-dunkelblauen Verpackung als Warenzeichen eingetragen und in den 1960er und 1970er Jahren über bunte Sammelbilder und -alben ebenso bekannt wie beliebt.

Badische Landesbibliothek: 116 F 2647
Kinderbuchsammlung Hardt

Aus Urheberrechtsgründen nicht digitalisiert.

 

Einband der Rätseltruhe. Zeichnerisch dargestellt wurde eine orange Truhe aus Holz mit goldenen Akzenten, welche schon so voll ist, dass einige Zeichnungen aus ihr hinausfallen. Auf ihr lehnt sich ein Kind, welches als Magier verkleidet ist, mit einem Zylinder und Zauberstab.

Die Rätseltruhe.
Elmshorn: Köllnflocken-Werke, 1957.
Serie 12, 48 Bilder.

Badische Landesbibliothek: 116 F 2675
Kinderbuchsammlung Hardt

Aus Urheberrechtsgründen nicht digitalisiert.

Illustration eines tanzenden Gnoms auf blauem Hintergrund. Oben sind drei Kinderköpfe zu erkennen, welche fasziniert zu diesem hinab schauen.

Bi-Ba-Butzemann. Die schönsten Kinderlieder.
Einbandentwurf, Bilder und Buchschmuck von Wilhelm Petersen.
7. Auflage.
Elmshorn: Köllnflocken-Werke, 1963.
Serie 9, 36 Bilder.

Die erste Auflage erschien 1954.

Badische Landesbibliothek: 122 E 1103
Nachlass Gretel Menzel

Aus Urheberrechtsgründen nicht digitalisiert.

 

Einband-Zeichnung: Illustriert wurde ein Soldat, welcher mit einem großen Hund patrouilliert. Vor dem Hund rennt ein kleiner Mann weg und auf der Wäscheleine über ihnen balanciert ein Clown.

Die Märchenwelt.
Zeichnungen von Gertrud Keussen.
Elmshorn: Köllnflocken-Werke, 1964.
Serie 20, 48 Bilder.

Badische Landesbibliothek: 122 E 1104
Nachlass Gretel Menzel

Aus Urheberrechtsgründen nicht digitalisiert.

Auf dem Bild ist der bunt illustrierte Einband des Buchs „Schelme und Narren“ zu sehen. Dargestellt sind ebendiese, wie sie gerade dabei sind, Streiche auszuführen.

Schelme und Narren.
Lustige Streiche bekannter Käuze.
Elmshorn: Holsteinische Margarinewerke Wagner, 1951.

Die Firma Wagner in Elmshorn hatte schon in den Jahren 1928 bis 1932 mehrere Sammelbilderalben herausgegeben und setzte dies Anfang der 1950er Jahre fort. Dieses Album enthält vier beliebte Schwänke:

  1. Die sieben Schwaben
  2. Die Schildbürger
  3. Eulenspiegel
  4. Münchhausen

Badische Landesbibliothek: 124 F 124
Geschenk von Henning Krogmeier, Karlsruhe

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Auf dem Bild ist der illustrierte Einband des Sammelalbums von Herta Broneder zu erkennen. Zeichnerisch dargestellt wurde ein Ausschnitt aus der Erzählung des Märchens „Der Froschkönig“. Zu sehen ist eine Prinzessin. Ebendiese schaut auf einen Frosch hinab, welcher sich unter einem Rosenbusch versteckt und ihre verlorene Kugel zwischen den Fingern hält.

Grimms Märchen.
Illustriert von Herta Broneder.
11. Auflage, 133.-152. Tsd.
Plochingen am Neckar: Herba-Verlag, 1968.

Der Wiener Grafikerin Herta Broneder (1914–2006) stattete 1962 ein Sammelalbum des Herba-Verlags mit Illustrationen zu den Märchen der Brüder Grimm aus. Das Album wurde in 21 Auflagen bis 1976 immer wieder neu aufgelegt. Die Originalgrafiken übergab der Herba Verlag später dem Brüder Grimm-Museum Kassel.

Badische Landesbibliothek: 116 F 2253
Kinderbuchsammlung Hardt

Aus Urheberrechtsgründen nicht digitalisiert.

Literatur speziell zu Grimms Märchen

  • Perlen aus Papier.Grimms Märchen auf Briefmarken, Postkarten, Sammelbildern, Reklamemarken und zahlreichen anderen Kleingraphiken. Hrsg. und bearb. von Bernhard Lauer. Mit einem Beitrag von Eckehart Blume. Kassel: Brüder-Grimm-Gesellschaft e.V., 2024.
    125 E 437

Text: Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen
© Badische Landesbibliothek 2025

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