Der Wigalois-Roman

Das Bild zeigt eine Person, die sich die Wigalois-Handschrift ansieht. Zu sehen ist die Illustration auf Blatt 37v: Wigalois nimmt Abschied von König Artus und bricht nach Korntin auf.

Bl. 37v: Wigalois nimmt Abschied von König Artus und bricht nach Korntin auf

Um das Jahr 1215 erzählte der fränkische Dichter Wirnt von Grafenberg in diesem mittelhochdeutschen Versroman die Geschichte des Titelhelden Wigalois, der am Hof des Königs Artus zum Ritter ausgebildet wird. Von dort bricht er auf, um das Reich Korntin von seinem Usurpator Roaz zu befreien und seiner rechtmäßigen Königin Larie zurückzugeben.

Zusammen mit dem „Parzival“ Wolframs von Eschenbach ist der „Wigalois“ der wohl am meisten und am längsten rezipierte Artusroman des Mittelalters. Als die Donaueschinger Handschrift um 1420 in der berühmten Lauber-Werkstatt am Oberrhein entstand, war er längst ein „Klassiker“. Zweihundert Jahre nach dem Entstehen des Textes gefertigt, erzählt die bebilderte Handschrift den Roman auf eine sehr besondere und aufschlussreiche Weise für das Publikum des 15. Jahrhunderts.

Wirnt hat sein Buch eng mit jenen älteren, „klassisch“ höfischen Romanen verzahnt, die seinem Publikum bereits bekannt waren. Das war wichtig, um Akzeptanz für das eigene, neue Werk zu schaffen. Dass es ihm nachhaltig gelungen ist, belegt die reiche Überlieferung seines Textes und die starke intertextuelle Verflechtung mit wiederum anderen Werken, die später entstanden sind. Wirnt nimmt konkret Bezug auf Heinrichs von Veldeke Eneasroman, übernimmt aber auch einzelne Motive aus dem „Gregorius“ und dem „Armem Heinrich“ Hartmanns von Aue, aus dem „Lanzelet“ Ulrichs von Zazikhofen und aus dem „Willehalm“ und „Parzival“ Wolframs von Eschenbach und lehnt sich textlich auch an Hartmanns „Erec“ und „Iwein“ an. Dass die Geschichte des vollkommenen Ritters Wigalois souverän eingebettet ist in den großen Zusammenhang der Artusepik, erweist sich nicht zuletzt dann, wenn zur Hochzeit des Helden die Artusritter Erec, Iwein und Lanzelet erscheinen, die sich als Kampfgefährten mit ihm auf den Weg machen, um den König Lion von Namur zu besiegen. Vieles in diesem Roman scheint aber unstimmig oder rätselhaft und reizt die Leserschaft zu immer neuen Interpretationen.

Die Geschichte geht los am Hof des Königs Artus in Britannien und klärt als allererstes, woher der Ritter Wigalois im Folgenden seine Unbesiegbarkeit bezieht. Diese wichtige Episode illustriert die Donaueschinger Handschrift gleich mit zwei Abbildungen: Am Artushof in Karidol taucht König Joram auf und schenkt Königin Ginover einen mit Edelsteinen besetzten goldenen Gürtel (Bl. 5v). Das Bild zu dieser ersten Szene zeigt Joram und sein Pferd in voller Turnierrüstung. An der Spitze der unter seinen rechten Arm geklemmten Turnierlanze hängt der Gürtel, den er auf diese Weise Ginover überreicht. Sie möge ihn prüfen, fordert er sie auf, und wenn sie ihn verschmähe, so werde er sich von der Schmach befreien und anderntags mit den am Hof anwesenden Rittern um seinen Besitz kämpfen. Das Geschenk erweist sich als ein Zaubergürtel, der seiner Trägerin „stercke und wisheit“, dazu Alleskönnerschaft verleiht. Erschrocken weist Ginover auf Anraten des vielfach bewährten Ritters Gawein das Geschenk zurück. Der Gürtel ist ja immer auch ein Keuschheitssymbol und durch die Rückgabe deklariert Ginover ihre Ehre als unangreifbar. Fünf Seiten weiter sieht man, wie Ginover den Gürtel zurückgibt (Bl. 8r), dabei ist der Bildaufbau der gleiche wie bei der ersten Szene. Laut Text kommt Joram in Rüstung zurück, mit einer Krone als Helmzier, in die ein Rubin gefasst ist, und mit einem Schild, auf den ein Adler aus rotem Gold aufgebracht ist. Die Handschrift aber zeigt ihn in ziviler Kleidung mit Königskrone, gestikulierend in Richtung von Ginover, die den Gürtel anmutig, wie es heißt, von der Mauer herab fallen lässt.

Im folgenden Kampf besiegt der durch Zurückweisung seines Geschenks geschmähte  Joram sämtliche Artusritter in kürzester Zeit, zuletzt auch den bisher immer unbesiegt gebliebenen Gawein, den er als Gefangenen mitführt. Ihm schenkt Joram den Gürtel, da er ihn ohne dessen Zauberkraft niemals besiegt hätte. Schließlich erreichen beide Jorams Reich und Jorams schöne Nichte Florie, in die er sich beim ersten Anblick verliebt hat, wird Gawein zur Frau gegeben. Das zeigt die dritte Federzeichnung (Bl. 19v): ein Priester – der im Text allerdings gar nicht vorkommt – legt jeweils die rechte Hand der Brautleute ineinander. Gawein trägt eine Kappe aus grünen Stoffstreifen, die im Bildprogramm noch dreimal wiederkehren wird. Er zeugt einen Sohn, vermisst aber – wie es sich für einen Artusritter gehört – bald die Herausforderungen der Tafelrunde und verlässt für angeblich nur ein paar Tage seine schwangere Ehefrau, um nach Karidol zu reisen. Der Gürtel bleibt bei Florie zurück. Und was Gawein nicht weiß: Nur mit dem Gürtel würde er Jorams Reich wieder betreten können, ohne diesen bleibt es unauffindbar. Der Rückweg zu seiner Familie bleibt ihm also für immer versperrt. Für die Darstellung von Gaweins Abschied von Florie ist auf Bl. 22r in Zeile 2 und 3 eine Bildüberschrift vorhanden – diese aber hat der Schreiber in schwarzer statt roter Tinte wie Fließtext abgeschrieben und die Platzaussparung für die Zeichnung vergessen. Dafür folgt auf der nächsten Seite die Darstellung der Rückkehr Gaweins nach Karidol (Bl. 22v), wieder mit der grünen Kopfbedeckung. Die Lokalität Artushof ist durch den runden Turm angedeutet. Da man am Artushof nichts über das Schicksal Gaweins nach dem Kampf mit Joram gewusst hat, ist die Freude über das Wiedersehen groß. Als ihn die Sehnsucht nach Florie wieder vom Artushof wegdrängt, reist er ein ganzes Jahr vergeblich durch die Welt, ohne den Zugang zu Jorams Reich zu finden, und kehrt endgültig nach Karidol zurück.

Unterdessen wächst Wigalois in der Obhut seiner Mutter Florie zu einem tugendhaften und wohlerzogenen Mann heran. Als Zwanzigjähriger beschließt er, seinen Vater zu suchen und in der Welt Ruhm zu erlangen, um sich seiner würdig zu erweisen, Bl. 27r zeigt den Abschied von seiner Mutter. Mit dem Zaubergürtel ausgestattet reitet er fort. Er erreicht den Artushof und nimmt nichtsahnend auf dem aus der älteren Artusepik bekannten Tugendstein unter der Linde Platz (Bl. 29v). Die Handschrift stellt den Stein dar wie einen Design-Klassiker von Eero Saarinen, als opake Sitzschale mit Säulenfuß, obwohl ihn der Text als gläsernen Quader beschreibt. Das Ganze sieht mehr aus wie ein Thron. Da nur jemand ohne den geringsten Makel den Stein berühren kann, erregt Wigalois sofort die Aufmerksamkeit der Hofgesellschaft. König Artus kommt und staunt über den Vorfall (Bl. 31r), auch das wird im Bild gezeigt. Er nimmt nun gern Wigalois‘ Bitte um Aufnahme am Artushof an und beauftragt Gawein mit dessen Ausbildung. Vater und Sohn erkennen sich aber nicht. Zu Pfingsten wird Wigalois‘ Schwertleite vierzehn Tage lang gefeiert; am Ende des Festes taucht in Karidol die Jungfrau Nereja auf, um im Auftrag ihrer Königin um Hilfe zur Befreiung von Korntin zu bitten (Bl. 34v). Wie es der Text beschreibt, steht hinter ihr auf dem Pferd ihr Zwerg, dessen Gesang seine Zuhörer alles um sie herum vergessen lässt. Bl. 35r zeigt sie an der Tafel des Königs Artus, diesem ihre Bitte vortragend. Obwohl sie für die Aventiure, die schon viele Todesopfer gefordert hat, einen erfahrenen Ritter wie Gawein sucht, drängt Wigalois sich nach dieser Aufgabe. Er muss sich nun, wegen seiner Unerfahrenheit von Nereja geringgeschätzt, erst einmal in einer Reihe von „Bewährungsaventiuren“ deren Vertrauen in seine Fähigkeiten verdienen. Auch dem Abschied des jugendlichen Ritters von König Artus widmet die Handschrift ein Bild (Bl. 37v). Für Wigalois‘ Abschied von Gawein gibt es auf Bl. 38v ebenfalls eine Bildüberschrift, aber der Platz für das Bild fehlt.

Nereja, ihr Zwerg und Wigalois begeben sich also auf den Weg nach Roimunt. In seinem Drang, sich mit seinem Heldenmut zu profilieren, erweist sich Wigalois zunächst einmal als zu ungestüm. Als sie zu einer Burg kommen, wo sie übernachten wollen, gewährt der Burgherr nur Unterkunft, wenn er zuvor im Kampf besiegt wird. Die Handschrift zeigt das Lanzenstechen der beiden (Bl. 41r) und macht Wigalois anhand seines Helms erkennbar: diesen Helm mit dem Rad der Fortuna als Glückssymbol hat Gawein ihm zum Abschied aus Karidol geschenkt. Leider ersticht er unwillentlich den potentiellen Gastgeber und muss eilends fliehen. Danach bewahrt er eine von zwei Riesen aus Karidol geraubte Jungfrau vor der Vergewaltigung (Bl. 43v), indem er den einen Riesen ersticht und dem anderen eine Wunde zufügt, die ihn seiner Kraft beraubt – das zu seinem Helm gehörende Glücksrad im Rücken, ficht Wigalois den Kampf siegreich aus. Für die folgende Episode, in der Wigalois für Nereja ein Hündchen einfängt und den Ritter, der es als sein Eigentum zurückfordert, ebenfalls mit der Lanze ersticht, war keine Abbildung vorgesehen.

Nach diesen Ereignissen, bei denen Anlass und Tötung des Gegners nicht in rechtem Verhältnis stehen, folgt eine mehrteilige Episode, die sich um die phönizische Königin Elamie dreht und ein unblutiges Ende nimmt. Elamie hat bei einem höfischen Wettbewerb einen sprechenden Papagei in goldenem Käfig und ein schwanenweißes Pferd samt dienendem Zwerg als Schönheitspreis gewonnen. Den aber hat ihr der Rote Ritter Hoyer von Mansfeld geraubt und seiner Geliebten gegeben; niemand von der Festgesellschaft habe sich der Gewalttat entgegengestellt, teilt sie mit. Wigalois trifft sie wehklagend auf dem Weg an (Bl. 50v) – die zugehörige Zeichnung zeigt sie mit Gramfalten auf Stirn und Mundwinkeln. Natürlich verspricht der edle Held, Elamie zu ihrem Recht zu verhelfen. Er sucht mit ihr den Roten Ritter im Lager auf (Bl. 54r) – man sieht diesen dort mit seiner Geliebten im Zelt, davor den Papageienkäfig. Als er auf dem Verhandlungsweg nichts erreicht, fordert Wigalois den Ritter zum Gerichtskampf. Die Handschrift widmet dem Geschehen noch ein weiteres Bild, das zeigt, wie die Prinzessin von Persien als Cousine der Elamie den jungen Wigalois zum Kampf rüstet (Bl. 60r). Der Kampf selbst ist nicht bildlich dargestellt, obwohl die rote Rüstung und das Emblem des Todes auf dem Schild des Mansfelders ein eindrückliches Motiv abgegeben hätten. Natürlich siegt Wigalois. Und der Rote Ritter muss sich ihm unterwerfen und an den Artushof ziehen, um dort den Ruhm des Siegers zu bekennen.

Bildlich dargestellt wird der Weiterritt Elamies mit Wigalois (Bl. 64v), als sie versucht, ihn von seinem Weg abzubringen und mitzunehmen in ihr Land. Nach der Logik des Wettbewerbs gehört sie ja demjenigen, der ihr den Preis errungen hat. Vergeblich – Wigalois lässt sich nicht beirren, nur noch eine einzige Aventiure trennt ihn jetzt von seinem eigentlichen Projekt, die Befreiung von Korntin: Er muss mit König Schaffilun von Medarie und Belakun um das Vorrecht auf diese Aventiure kämpfen. Zwei Bilder illustrieren das Geschehen: Eines zeigt, wie König Schaffilun Wigalois, Nereja, den Zwerg und das Hündchen vor seinem von aufgestellten Lanzen umgebenen Zelt empfängt (Bl. 67r). Das zweite zeigt Wigalos, Nereja und den Zwerg, wie sie nach dem Kampf mit Schaffilun weiterreiten (Bl. 73v). Der Kampf, bei dem Schaffilun getötet wird, ist durch eine Überschrift auf Bl. 69v zur Bebilderung angezeigt, doch auch diese Zeichnung wurde auf der Folgeseite nicht ausgeführt.

Nun endlich erkennt Nereja Wigalois als geeigneten Kämpfer zur Befreiung von Korntin an. Die beiden erreichen Roimunt und wir erfahren, worum es bei der Hauptaventiure des Romans überhaupt geht. Es hat nämlich der heidnische Roaz, einst Dienstmann des Königs von Korntin, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und sich des Reiches bemächtigt. Königin Amena, die Witwe des ermordeten Königs Jorel, sitzt außerhalb seines Machtbereichs auf der uneinnehmbaren Burg Roimunt fest. Demjenigen, der Roaz besiegt, sind die Ehe mit ihrer Tochter, der wunderschönen Prinzessin Larie, und ihr Königreich versprochen.

In Roimunt angekommen, legt Wigalois in einem Garten seine Rüstung ab und wird von Nereja mit kostbaren Gewändern neu eingekleidet, um Larie gegenübertreten zu können. Die zugehörige Abbildung (Bl. 82r) zeigt ihn noch im „Isengwant“; Schwert, Schild und Eisenhandschuhe liegen aber schon im Gras und den Helm hält er in den Händen. Dann wird er zur Königin Amena geführt. Schon beim ersten Anblick der Prinzessin Larie besiegt Frau Minne den bisher immer Unbesiegten und er kapituliert kampflos. Die nächste Bildüberschrift (Bl. 83r) erklärt, man sehe, wie das schöne Mädchen Wigalois aus dem Garten vor die Königin führe. Sehen wir aber nicht vielleicht doch Wigalois mit Prinzessin Larie im Arm, die sofort maßlos entflammte Zuneigung des Helden zu seiner Prinzessin in eine sittsame Szene mit der Mutter als Anstandsdame gekleidet? Am nächsten Tag zieht Wigalois allein los, um Korntin zu befreien. Die Handschrift widmet dem noch eine Abschiedsszene (Bl. 89v).

Die Hauptaventiure führt Wigalois nun in ein verzaubertes Jenseitsreich, in dem er als christlicher Heilsbringer die teuflischen Mächte besiegt, die sich in verschiedenen Mischwesen verkörpern. Er bedient sich dazu magischer Requisiten göttlichen Ursprungs und erfährt Unterstützung durch verschiedene Wunder. Zuerst begegnet er dem Wiedergänger König Jorel, der ihm nun erst eröffnet, dass er Gaweins Sohn ist. Auf Jorels Geheiß zieht er los, den furchtbaren Drachen Pfetan zu töten. Von dem klagt ihm auch die Gräfin Beleare, deren Mann, Graf Moral von Joraphas, der Drache verschleppt hat – so von Schmerz zerrissen, wie der Text sie beschreibt, sieht die Gräfin im Bild (Bl. 97r) allerdings nicht aus. Auch der riesenhafte Drache nimmt sich im Bild (Bl. 101v) eher kleinwüchsig aus. Von Wigalois mit der Lanze durchbohrt, wehrt er sich im Todeskampf heftig und schleudert den kühnen Helden einen Abhang hinunter, dass dieser ohnmächtig an einem See liegen bleibt. Dort wird er von einem Fischerpaar gefunden, das ihn ausraubt und nackt liegen lässt (Bl. 105r). Auch der Zaubergürtel ist weg. Doch das Geschehen wird von einer Hofdame der Beleare beobachtet, die ihrer Herrin davon berichtet, und diese veranlasst den Fischer, sie zu dem Totgeglaubten zu bringen (Bl. 114r). So wird Wigalois gerettet, erhält seine kaputte Rüstung zurück und wird zum Dank mit hervorragenden Waffen neu ausgestattet. Nur der Gürtel bleibt verschwunden und wird auch nicht wieder erwähnt – von nun an übersteht Wigalois alle Gefahren allein mit Gottes Hilfe. Wieder bei Kräften, verabschiedet er sich von dem geretteten Grafen Moral (Bl. 122r) und macht sich wieder auf den Weg.

An einem Fluss mitten im Wald greift ihn die starke Ruel an, eine schwarzhäutige und wie ein Bär behaarte Person von ungeheurer Hässlichkeit mit Eberzähnen – die im Bild ihr Fell eher wie ein Trikot zu tragen scheint. Als höfischer Ritter richtet Wigalois seine Waffen nicht gegen eine Frau. Diese Entscheidung erweist sich als falsch, denn sie packt ihn, fesselt ihn, schleppt ihn wie einen Sack – auf Bl. 125r mehr wie ein Brett – zu einem Baumstamm und setzt dort zu seiner Enthauptung an. Nur das Wiehern seines Reitpferds vertreibt sie, weil sie es für ein Schnauben des Drachens Pfetan hält. Auf ein Gebet hin lösen sich die Fesseln und Wigalois reitet weiter. Er übersteht weitere Kämpfe gegen einen missgestalteten Ritter und ein hundeköpfiges Wesen und gelangt schließlich zur Burg Glois, dem Stammsitz des Königsmörders Roaz. Dort besiegt er zwei Torwächter, von Roaz gefangene Fürsten, ersticht den einen, woraufhin sich ihm der andere unterwirft (Bl. 142v), und betritt dann die Domäne des Teufelsbündners. Dabei bekreuzigt er sich, weshalb der Teufel, der Roaz besitzt, sich Wigalois im Folgenden nie zu nähern vermag.

Blitz und Donner empfangen Wigalois in der Burg. Es folgt sogleich der Kampf gegen Roaz, der aber gar keine dämonischen Züge hat, sondern sich als tapferer Ritter erweist. Hier kämpft nicht Gott gegen den Teufel, sondern ein Christ gegen einen Heiden. Dessen Frau Japhite, eine in ihrem Edelmut vollkommene mohammedanische Prinzessin, schaut dem Kampf zu, der die ganze Nacht lang dauert. Nur das Ende dieses ganzen Geschehens wird im Bild gezeigt: Japhite trauert um den erschlagenen Roaz (Bl. 151r) und stirbt über seiner Leiche sogleich vor Kummer. Das ganze vorherige Geschehen wird in einer Darstellung mustergültiger ehelicher "triuwe" im Bildtypus der Pietà zusammengefasst. Und der zuvor als schlechthin böse charakterisierte Roaz wird nun – was dann doch etwas irritiert – in einem Nekrolog als ruhmreich edler Held beklagt. Mit Tagesanbruch wird das Burgtor geöffnet. Wigalois, „halbtot“ geschlagen, kommt wieder zu sich. Roaz wird von Teufeln entführt, Japhite würdig begraben und Wigalois gewinnt Graf Adan, den überlebenden Torwächter, für das Christentum. Er ergreift Besitz von Glois und setzt einstweilen Graf Adan als seinen Statthalter ein. Dieser rüstet ihn für den Rückweg – hier gibt es noch einmal ein vorletztes Bild (Bl. 163v) – und Wigalois reitet nach Joraphas zu Graf Moral zurück. Von dort aus sendet er einen Brief nach Roimunt und holt seine Prinzessin in ihr befreites Reich.

Es folgt ein pompöses zwölftägiges Hochzeits- und Krönungsfest mit einer Vielzahl an Gästen aus aller Welt, vorzüglich aus dem Orient; auch Elamie reist von der Levante an. Von all dem ist nur die Szene, in der Larie Wigalois die Krone Korntins aufsetzt, noch bildlich dargestellt (Bl. 170v), obwohl es auch für orientalisches Flair inklusive Elefanten und Kamele ebenso wie für kostbare Garderobe und opulente Tafelfreuden genug repräsentative Sujets gegeben hätte. Im Rahmen der Krönungsmesse werden zahlreiche heidnische Gäste getauft. Auf briefliche Einladung seines Sohnes hin erscheint Gawein mit Erec, Iwein und Lanzelet in Korntin. Aber damit ist die Geschichte noch zu Ende: Es muss nämlich noch die Tötung des Königs von Libyen, der auf dem Weg zum Fest in Anatolien ermordet worden ist, geahndet werden – und mit Wigalois und den Artusrittern zieht ein Feldheer von 6000 Kämpfern nach Namur, um den Mörder König Lion zu besiegen. Mit den schnell absolvierten Zweikampf-Aventiuren des bisherigen Romangeschehens hat diese realitätsnah geschilderte Schlacht nichts mehr zu tun: Auch auf Seiten der Angreifer gibt es viele Todesopfer. Erst als Gawein nach sechswöchigem Kriegsgetümmel Lion tötet, bricht die Verteidigung der Meeresfestung Namur zusammen. Wigalois hat sich ein drittes Mal bewährt, diesmal als streitbarer Landesherr.

Ganz am Schluss unternimmt Wigalois mit Larie eine Reise zum Artushof in Nantasan, wo der Leser auch dem Grafen Hoyer von Mansfeld wiederbegegnet. Unterwegs erhält er die Nachricht, dass seine Mutter Florie aus Gram über den Verlust des Mannes und des Sohnes gestorben ist. Der Aufenthalt bei Artus währt nur sieben Tage, weil Wigalois im eigenen Land viel zu tun hat. Dort regiert er politisch klug bis an sein Lebensende. Anders als seinen Vater Gawein drängt ihn nichts in die Artusrunde zurück. Er zeugt einen Sohn, Lifort Gawanides. Aber dessen Geschichte, teilt der Autor mit, solle ein anderer schreiben.

Der für ein literaturkundiges höfisches Publikum Anfang des 13. Jahrhunderts aufbereitete Wigalois-Stoff wurde Ende des 15. Jahrhunderts als Unterhaltungsroman auch in einer gekürzten Prosaversion neugefasst, die gleich im Druck vorgelegt wurde. Er ist bis weit in das 17. Jahrhundert weiterbearbeitet worden.

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